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Schmotz, Karl; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Mitarb.]
Die vorgeschichtliche Besiedlung im Isarmündungsgebiet — Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte, Band 58: Kallmünz/​Opf.: Verlag Michael Lassleben, 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.73523#0070
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hardt160 auf der Basis eines relativ gut erforschten
kleinen Gebietes durchführte, ist jedenfalls abzuleh-
nen. Insgesamt gesehen muß die errechnete Fund-
stellendichte erheblich hinter der prähistorischen
Wirklichkeit zurückbleiben, vor allem, wenn man an
die Dauer der Linearbandkeramik denkt.
Die topographische Lage der Fundstellen ist mit
30,43% von den Randlagen an Hochterrasse und
erodierter Hochterrasse bestimmt. Hinzu kommt
noch der Rand des Altpleistozäns mit 8,69%. Drei
Fundstellen oder 13,05% des bekannten Fundbe-
standes liegen am Rand eines der dellen- oder mul-
denartigen Tälchen. Im Tertiärhügelland wird des-
sen Rand oberhalb der Isar ebenso genutzt wie
verschiedene Hanglagen (13,05 bzw. 21,73%). Bei
der geringen Fundstellenzahl ist eine nähere Unter-
suchung der bevorzugten Hanglagen undurch-
führbar.
In bezug auf die Böden ist im Untersuchungsgebiet
eine starke Fixierung auf den Löß festzustellen. Nur
zwei Fundstellen (Plattling 6 und Natternberg 24)
liegen außerhalb der Lößverbreitung. Die Fundstel-
le Plattling 6 befindet sich auf der Niederterrasse in
sehr geringer Entfernung von der lößbedeckten ero-
dierten Hochterrasse, dagegen bildet die Höhen-
siedlung von Natternberg eine extreme Ausnahme.
Daß sich die Siedlungsplätze der Linearbandkera-
mik — allerdings mit Ausnahmen161 — auf aus Löß
entstandenen Böden konzentrieren, ist keine neue
Feststellung. Auch die Meldung des Inneren und die
Bevorzugung des Randes der Lößvorkommen ist
spätestens seit der Untersuchung von K. Schwarz162
eine allgemein anerkannte Tatsache.
In den letzten Jahren zeigte sich durch Neufunde,
daß diese Lehrmeinung nicht mehr voll aufrechtzu-
erhalten ist. Linearbandkeramische Siedlungszeug-
nisse wurden verstärkt an z. T. sehr entlegenen Stel-
len des Tertiärhügellandes bekannt. (Als eindrucks-
volles Beispiel vgl. den Sallmannsberg bei Landshut:
K. Böhm u. H. Brink, Das jungsteinzeitliche Sied-
lungsareal „Sallmannsberg" bei Landshut, Nieder-
bayern, in: B. Engelhardt u. K. Schmotz [Hrsg.],

Vorträge des 4. Niederbayerischen Archäologenta-
ges [1986] 51 ff.).
Doch nicht nur die Siedler der Linearbandkeramik,
auch jene der folgenden Perioden nutzten mit Vor-
liebe die Lößränder. An 65,21% der Fundstellen
sind Parabraunerden oder erodierte Parabraunerden
vorhanden, Braunerde (z. T. kolluvial) weist einen
Anteil von 17,39%, Pararendzina 13,05% und das
Kristallin 4,35% auf. Die Bevorzugung von Para-
braunerden während der Linearbandkeramik ist ein
weitverbreitetes Phänomen163, das mit der dort an-
ders gearteten und der Viehhaltung besonders ent-
gegenkommenden Waldzusammensetzung in Ver-
bindung gebracht wurde164.
Die Höhenlagen bewegen sich zwischen 319 und
433 m NN. Mit 43,47% überwiegen dabei die Stand-
orte unter 330 m NN. Der Bereich zwischen 330 und
350 m NN ist mit 13,05% vertreten, während
34,78% der Siedlungen den Bereich zwischen 350
und 400 m NN einnehmen. Über 400 m NN liegen
nur zwei Fundstellen (Frammering 9 und 17), wobei
letztere 433 m NN erreicht. Bei der geringen Fund-
stellenzahl ist die Berechnung der auf die einzelnen
Entwicklungsperioden treffenden Höhen nicht sinn-
voll, vor allem, wenn fast ein Drittel nicht näher
datiert werden kann.
Um eine eventuell vorhandene bevorzugte Exposi-
tion der einzelnen Kulturgruppen prüfen zu können,
wurde eine entsprechende Rubrik in den Katalog
aufgenommen. Für die Linearbandkeramik läßt sich
daraus kein Nutzen ziehen. Die Ausrichtungen der
Siedlungen schwanken von Nordwesten über Osten
nach Süden. Auffallend ist nur das beinahe gänzli-
che Fehlen von West- und Südwestexpositionen. Ein
ähnliches Ergebnis hat auch W. Linke165 in seiner
Untersuchung westfälischer und nordhessischer Bör-
denlandschaften aufzuweisen. Ob unser Ergebnis
wirklich Bestand haben kann, wird erst ein verbes-
serter archäologischer Forschungsstand erweisen
können.
Einen sehr wichtigen Faktor bildet die Entfernung
der Siedlungen zum Wasser, da die Anlage von

160) B. Engelhardt, Das Neolithikum in Mittelfranken I. Alt- und Mittelneolithikum. Materialh. Bayer. Vorgesch. A 42
(1981) 21 f.

161) In der böhmischen Linearbandkeramik, vor allem im Nordwesten, sind auch nicht aus Löß entstandene Böden
besiedelt, und in Zentral- und Ostböhmen bleiben Lößareale siedlungsfrei: I. Pavlü u. M. Zäpotockä a. a. O. (Anm.
157) 312. - Vgl. auch die nicht lößbezogene Besiedlung in Westdeutschland: K. Tackenberg, Fundkarten zur
Vorgeschichte der Rheinprovinz. Beih. Bonner Jahrb. 2 (1954) 90 f. u. Taf. 2.

162) K. Schwarz, Lagen die Siedlungen der linearbandkeramischen Kultur Mitteldeutschlands in waldfreien oder in
bewaldeten Landschaften? Strena Praehist. Festschr. M. Jahn (1948) 1 ff.

163) z. B. im Raum Leipzig: H. Quitta, Zur Lage und Verbreitung der bandkeramischen Siedlungen im Leipziger Land.
Zeitschr. Arch. 4, 1970, 155 ff. - Leider geht W. Linke, Bauerntum, nur am Rande auf die Bodentypen ein.

164) K. Brunnacker u. G. Kossack, Besiedlungsgeschichte 50.

165) W. Linke, Bauerntum 51 Tab. 1.

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