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Neuntes Kapitel.

Die übrigen Schulen Deutschlands.

JM ächst der Kölner Schule erscheint in dieser Frühzeit deutscher
Kunst keine bedeutender als die von Prag; in der Tafelmalerei
kann sie sich schon etwas früher als jene namhafter Meister rüh-
men, und in der Miniaturmalerei finden wir sie gleich im Anfange
der Epoche durch ein wenigstens geistig höchst bedeutendes
Werk vertreten.

Es ist dies das sogenannte Passionale der Prinzessin
Kunigunde, jetzt in der Universitätsbibliothek von Prag, und zu-
folge der schriftlichen und bildlichen Dedication von dem Ver-
fasser, einem Dominicanermönch Frater Colda, in Gemeinschaft
mit dem Canonicus Benessius, der sich als Scriptor bezeichnet,
aber ohne Zweifel auch der Maler der Miniaturen ist, der ge-
nannten Prinzessin, Tochter Königs Ottokar II. und Aebtissin
des St. Georgenstiftes zu Prag, im Jahre 1312 überreicht*).
Inhalt des Werkes ist nicht etwa blos die Leidensgeschichte
des Herrn nach evangelischer Erzählung, sondern zunächst eine
Parabel. Die Braut eines unbesiegten, königlichen Ritters wird
von einem Räuber irregeleitet, geraubt, eingekerkert, in den
Feuerofen gestossen, dann aber von eben jenem edelu Ritter,
nachdem er den Räuber getödtet, befreit und gekrönt. Damit man

*3 Ausführliche Beschreibungen des Codes bei Dobner Monumenta bist.
Boom.-VI, 328, dann von Waagen im deutschen Kunst.bl.lS50, S. 156, Pas-
savant in v. Quast und Otte Zeitschrift für ehr. Archäologie I, 195, endlich
und zwar mit mehreren Abbildungen, von Wocel in den Mitth. der k. k. Cen-
tral-Comm. Y, 75. — Die hier mitgetheilten beiden Abbildungen sind nach
Durchzeiclmungen, v/elche ich der Güte des Herrn Akademie-Directors Engerth
in Prag verdanke.
 
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