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Schnorr von Carolsfeld, Ludwig
Der plastische Schmuck im Innern des Münsters zu Salem aus den Jahren 1774 - 1784 von Johann Georg Dürr und Johan Georg Wieland — Berlin, 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.12662#0010
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— 2 —

bezeichnung „Louis Seize" ohne weiteres auf Deutschland zu
übertragen. Aus diesem Grunde hat man sich wohl bisher
nicht entschliessen können, für die dem Stil „Louis Seize"
entsprechende Periode, in Deutschland eine einheitliche Be-
zeichnung einzuführen, wie man es beim Rokoko getan hat.
Der Ausdruck „Zopf" hat von seiner ursprünglich recht odiösen
Bedeutung nicht genug verloren, dass man ihn unbedenklich
für die gesamte Periode des ausgehenden 18. Jahrhunderts
gebrauchen könnte; nur für die Auswüchse der klassizistischen
Richtungen wird er am Platze sein. Umfassender und treffender
sind die Bezeichnungen „antiquarische Renaissance" und
„antiquarische Klassizität", weil sie bestimmt auf die durch die
Ausgrabungen wiedererweckte Vorliebe für antike Architektur
und Ornamentik hindeuten und das Künstliche der ganzen
Bewegung betonen. Die erstere weist noch genauer darauf
hin, dass es sich um eine Phase der grossen Renaissance-
bewegung handelt, als deren letzter Ausläufer die antiquarische
Renaissance gilt und von der sie sich ohne Gewaltsamkeit
nicht trennen lässt.

Die Uebersicht über die Kunst der zweiten Hälfte des
18. Jahrhunderts ist durch die der Vollendung nahe Inventari-
sierung der Kunstdenkmäler in den deutschen Staaten wesent-
lich erleichtert, und zahlreiche Publikationen haben gezeigt,
was für eine Fülle künstlerischen Vermögens in diesen halb-
vergessenen Werken verborgen liegt. Aber es fehlte bisher
an Einzeluntersuchungen, die es ermöglichen, zu einer um-
fassenden Darstellung überzugehen. Vorliegende Arbeit will
einen Beitrag dazu liefern. Sie beschäftigt sich mit der inneren
Ausschmückung des gotischen Münsters zu Salem bei Ueber-
lingen am Bodensee (1774—84). Diese verdankt ihren einheit-
lichen Charakter dem Bildhauer Johann Georg Dürr, der, aus
Weilheim in Oberbaj^ern gebürtig (1723), um 1750 nach der
Bodenseegegend verschlagen wurde, zunächst mitten unter den
Rokokomeistern der Wessobrunner Schule, vor allem in Gemein-
schaft mit Joseph Anton Feuchtmayer (1696—1770), arbeitete,
bald aber sich der antikisierenden Richtung zuwandte.

Die Einheitlichkeit der gesamten Anlage im Salemer
Münster lag darin begründet, dass Dürr in der Hauptsache
 
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