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Interessengemeinschaft Fortschrittlicher Künstler Hessens <Darmstadt> [Hrsg.]; Städtisches Ausstellungsgebäude auf der Mathilden-Höhe <Darmstadt> [Hrsg.]; Darmstädter Sezession [Hrsg.]; Darmstädter Gruppe [Hrsg.]
Der schöne Mensch in der neuen Kunst: internationale Ausstellung, 16. Juni bis 6. Oktober 1929, Darmstadt, Mathildenhöhe, Städtisches Ausstellungsgebäude — Darmstadt, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.24097#0043
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Preisen die Dichter die natürliche Schönheit, so entnehmen
sie dem Arsenal ihrer Ausdrücke jene von optischer und
plastischer Prägung. Verse über die Schönheit entfliehen
dem Bezirk der Worte und retten sich in die sichtbare Welt
der bildenden Kunst.

Aus: SALOMO, Das Lied der Lieder.

Ja, du bist schön, meine Freundin, ja, du bist schön:

Deine Augen sind Taubenaugen zwischen deinem Schleier hervor.

Dein Haar gleicht der Ziegenherde, die am Berg Gilead herab sich lagert.

Deine Zähne sind wie eine Herde frischgeschorener Schafe, die aus der
Schwemme gestiegen,

Die allzumal Zwillinge tragen und deren keines unfruchtbar.

Wie ein Scharlachfaden sind deine Lippen und lieblich dein Mund.
Wie eine Granatapfelscheibe leuchtet deine Schläfe hinter deinem
Schleier hervor.

Wie Davids Turm ist dein Hals, erbaut für Trophäenschmuck.
Tausend Schilde hängen daran, alle Tartschen der Helden.

Deine Brüste gleichen zwei Rehkälbchen, Gazellenzwillingen, die in den
Lilien weiden.

OVI DI US, Verwandlungen (Voß). Narcissusund Echo.

Selber staunt er sich an; unbewegt in einerlei Stellung

Haftet er, wie ein Gebild aus parischem Marmor gemeißelt.

Gierig schaut er, im Grase gelehnt, zwei Sterne, die Augen;

Schaut, wie wert des Lyäus, wie wert des Apollo das Haar sei,

Wie unmännlich die Wang, und wie schimmernd der Hals, und die Anmut

Seines Gesichts, wie gesellt zur schneeigen Weiße die Röte.

AUSONIUS(f 395, Bordeaux).

Meine Bissula, Maler: — sie ahmt nicht Farbe noch Wachs nach,
Reize verlieh die Natur, wie nimmer der Kunst sie gelingen.
Mennig und Bleiweiß — geh doch und male andere Mädchen!
Denn das Farbengemisch dieser Wangen, nicht malen es Hände.
Müßtest schon, Maler, dir mengen die purpurne Rose, die Lilie,
Und mit der Farbe daraus versuchen dies duftige Antlitz.

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