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Schramm, Albert; Möller, Maria [Hrsg.]
Der Bilderschmuck der Frühdrucke (Band 2): Die Drucke von Guenther Zainer in Augsburg — Leipzig, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.16392#0009
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ünther Zainer ist der erste Drucker Augsburgs. Über sein Leben sind wir wenig unterrichtet. Er selbst nennt
sich „Günther Zainer aus Reutlingen". Die Druckkunst scheint er in Straßburg erlernt zil haben'. Sein erster
datierter Druck' erschien am 12.März1468 in Augsburg. Nur lOIahre hat er gewirkt. Bereits imJahre1478
ist er gestorben. So kurz auch seine Druckertätigkeit gewesen ist, so hat er doch eine große Anzahl ' zum Teil recht
bedeutenderDruckwerke hergeftellt. Eines seiner größtenVerdienste ist vielleicht aber die Tatsache, daß er, was Albrecht Pfister
in Bamberg begonnen, in ausgedehnteill Maße fortgesetzt hat: Die Herausgabe volkstümlicher Literatur nlit Bilderschnluck.

Günther Zainer hat nicht weniger als 32 seiner Drucke mit Holzschnitten versehen, und unter diesen Werken sind nicht
wenige, die über 1OO Abbildungen aufweisen. Diese seine Tütigkeit brachte ihn und einen seiner Kollegen in Konflikt mit den
Iormschneidern, Briefmalern und Kartenmachern 'ckugsburgs'. Wie weit er diese sür Herstellung der zahlreichen Holzschnitte
seiner Bücher herangezogen hat, wissen wir nicht. Daß ein Briefmaler — Muther' nennt den Namen Kropfenstein —
alle dieseHolzschnitte geschaffen hat, ift, wie ein Blick aufihre Verschiedenartigkeit zeigt, so gut wie ausgeschlossen. Die Lösung
derFrage nach Künftlern und Holzschneidern, die für die Günther Zainersche Offizin gearbeitet haben, kann nur an Hand sämt-
licher AugsburgerBücherholzschnitte versucht werden, wobei vergleichende Studien mit anderen Druckorten der Frühzeit, ins-
besondere Ulm, und vor allem auch mit den Augsburger Einzelholzschnitten jener Zeit zu machen find.

Die meisten illustrierten Werke der Günther Zainerschen Offizin find Erstausgaben im Druck und schon mn deswillen
von besondererBedeutung. DerStoffkreis desBilderschmucks istein sehrgroßer. GüntherZainerhatsürviele späterenDrucke
derselben Werke mit seinen Ausgaben die Vorlagen geliefert. Eine ganze Anzahl Druckereien hat seine Holzschnitte teils ohne
weiteres übernommen, teils unwesentlich überarbeitet und verändert.

Was dieIllustration betrifft, so schließt fie fich allermeist eng an den Tert an, aus dem jeweils eine Szene kurz und treffend
im Holzschnitt dargestellt wird. Wiederholungen desselben Holzschnittes kommen vor, gelten dann aber in der Regel Terten
mit ähnlichem Inhalt. Nachträgliche Kolorierung der Holzschnitte ist in den überwiegendsten Fällen wohl vorgenommen
worden, doch zeigt fich in vielen Holzschnitten schon deutlich der Beginn des Schwarzweißstils.

Als erster datierter Druck mit Holzschnitten erschien bei Günther Zainer am 25. Oktober 1471 die bekannte Legenden-
sammlung, die dein Dominikaner Iakob von Viraggio zugeschrieben wird", und zwar zunächst: Leben der Heiligen,
Winterteil. 131 Holzschnitte, von denen 4 wiederholt sind, schmücken den prüchtig gedruckten Band. Die Größe der Holz-
schnitte schwankt; wir haben sie inOriginalgröße wiedergegeben. Im „Winterteil" sind sie, wie dieAbbildungen 1,2,11,12, vor
allem aber 25,30,47 usw. zeigen, nicht mit dem Tert gleichzeitig gedruckt, sondern in einem zweiten Druckgang eingefügt worden.

Nachdem Blatt I r und I v ein Jnlialts-Verzelchins der Heiligen-Legen-
den,die im„Winterteil" entkalren sind, gegeben ift,beginnt Blatr2r Spalte!
der Tert mit den Worten: „Hie bebr sicli an der beiligc lebcn Jn dem winter-
teil vnd zum crftc von dem lieben berrn vn ertzengel Sant michabel". Den
Erzengel zeigt der erfte Holzschnitt (Abb. I) mit Schwert nnd Wage.

Blatt Z Spalte 2 nntenfolgt die Legendc von SanktJeronimus,„dem
würdigen Lehrer" (Abb. 2), dcr mit dem wunden Löwen dargcftellt ist.

„Zn eincm mal da kam ein leowe der gieng uff dren sicffen/ vnd der
vierd terr im wee/vnd der leon gicng tzü des Clofters tnr ein/Da sorchten
sich dic brüder gar sere vnd fluben/ da empfieng sant ieronimus dc leon gar
gnetlicb / da recket im der leon deir siechen snss dar den schowct im sant
icronimus vnd wnesch im den fnss das er gesund ward/Da sach er cincn
doren darinnen den zoch er im beruss vnd band im ein dnch darüber vnd
heilet im den süss_"

Blatt I4v schliesit sich in der Mittc der zweiten Spalte die Legende von
dcm hciligen Remigius an, wie er einen Blinden heilt (Abb. Z):

„Eins tags kam sät remigius zu einem blinden der was behafft mit dem
boesen gcyft/ Da sprach er sein gebet tzü gott da ward er gesehent/...."
Blatt 16r Spalte2 bringt die crfteDarstellnng einesMartyrinms. Sankt
Leodegarius wird enthauptcr (Abb.4):

„Da das ebranns hort da sendet er vier man tzü im vii hiess im sein

houpt absckflabe.de vierden dem vergieng sein czoren nit vnd der

enthoupret in."

Blatt 17 r Spalte I beginnt mit dem Bild der hciligen Pelagia, wic sie
von dem Bischof Heliopoleus getanst wird (Abb. 5):

Blatt I8r Spalte 2k berichtet von dcm Leben der heiligen Margarita.
Der an der Spitze des Textes ftehende Holzschnitt (Abb. 6) erzählt von dem
Unrecht, das ihr von den Mönchen eincs Klosters, in das sie sich, nachdcm sie
ihre Haare geschnitten und Mannsklcider angelegt hatte, als Klosterbruder
batte ausnchmen lassen, zugesügt wurde. Ausierbalb des Kloftcrs wnrde einer
Iungsrau cin Kind geborcn. Man bezichtigte dcn Mönch Pelagius — so hieß
Margarita nach dem Eintritt ins Kloster—,dasi er der Vater des Kindes sei:
„... darnmb triben sn in mit sckianden anss dem Clofter/vnd vermeinten
in zü eintm velffen/ da pflag seim enn vnbarmhercziger münich der gab im
nit gürstigs brot genüg/ das lend sy gednltigliche durch got vnd dancket
got seiner genade/..."

Blatt I8v Spalte 2 beginnt mit dem Holzsckmitt (Abb. 7) sür das Leben
des heiligen Franclscus:

„Einsmals — knneet er vor vnsers herren bilde vnd bat got mir an-
dacht daz er in cinen weg leret dcr im loblichen wer vnd im vn allen men-
schen iiiiczlichcn were/ Da spracb vnser herr ausi de bild Francisce sräcisee

mach mir mein bild wider das dn sichft als ob es nider well sallen."

Blatt22v Spaltc 2 zeigt die heilige Thasis nnd den Mönch Pafuntius,
der sie bckebrt (Abb. 8).

Blatt 2Zv Spalte I ift etwas unter der Mitte der Spalte das Bild von
Sankr Marcus, dem Papftc eingesügt (Abb. 9). Dasselbe Blatt zeigt am

^ Voullicmc, E. Dic deutschcn Dnickcr deS fünfzelmten Iabrhundcrts. Bcrlin 1916. Seite I.

' IVIeflitLtioneg cle vitL Lbristi von Bonaocntura.

^ Der„Probcdruck" deS „Gcsamtkatalogs dcr Wiegendruckc. Herausgegebcn von dcr Preußischen Kommission. Band XI Drucker-Jnder. Hallc(Saale) 1914",
Scite I ff. zählt 121 Druckc auf.

^ Muthcr, Richard. Die dcutsche Bücherillustration dcr Gothik und Frührcnaissancc. 1884. Band l, Seite I I.

^ a. a. O. Seitc 11f.

b Vcrgl. Realcncyklopädic für protcftantischc Theologie und Kirche. Z. Ausl. Band 8, Scite 560ff; sowic daS Nachwort dcs Hcrausgcberö (Scverin Rüttgerö)
von „Der Heiligen Lebcn und Lcidcn", Jnsel-Vcrlag, Lcipzig I9IZ, Band 2, Seitc459ff, inöbcsondcre Seite 49Zff und 498ff. Übcr Neudruckc dcr Hciligcnlegcndcn
siehe: Loubicr, Hanö. Ncudruckc dcr Hciligcnlcgcndcn, in dcr „Zcitschrift dcs Deutschen Vcrcins sür Buchwcscn und Scbristtum" 1918, Seite IVOff.

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