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Der hl. Januarius.
als Schrift und Tradition, die Jahrhunderte überdauert hat,
wenn auch nicht ungeschädigt durch den Einfluss der Zeit
und die neuerungssüchtige, kunstlose Hand späterer Gene-
rationen: die Katakomben von San Gennaro dei
Boveri. Sie sind das Monument, auf welchem der Name
der Urgemeinde von Neapel verzeichnet steht. Aus diesen
unterirdischen Begräbnissstätten, die unsere Phantasie nur
mit ernsten, trauernden Gestalten bevölkern kann, steigt das
Bild einer blühenden, lebensfreudigen Gemeinde vor uns auf,
die den Träumereien eines Tertullian von der Stellung des
Christen zu der Welt ebenso fern stand wie dem im Alter-
thume doppelt schweren Vorwürfe der Gegner, „eine schlupf-
winklige, lichtscheue Nation, stumm im öffentlichen Leben,
geschwätzig in den Winkeln" ') zu sein.
Die ersten Jahrhunderte haben uns keine Kunde über
die Katakomben hinterlassen, und als im 6. Jahrhundert
ihr Name zuerst genannt wird, geschieht es in einer an
Wundern und Widersprüchen gleich reichen Märtyrer-
legende, welche zugleich — hierin bestimmend für die spä-
teren Zeiten — das Interesse von dem Ganzen hinweg auf
einen kleinen Nebenraum, die sogenannte „Basilica (od.
Oratorio) di S. Gennaro" concentrirt. Die Akten des
hl. Januarius 2), des gefeierten Schutzpatrons von Neapel,
der als Bischof von Benevent — nach der gewöhnlichen
Annahme im Jahre 305 — im Amphitheater von Pozzuoli
') Min. Felix c. 8 bei Keim, Celsus' wahres Wort S. 162.
2) Die 3 ursprünglichsten Berichte, von denen sich zahlreiche an-
dere abgezweigt, sind wohl die Acta Vaticana in lateinischer und
griechischer Sprache, zuerst von Baronins veröffentlicht, die Acta
Bononiensia, im vorigen Jahrh. im Kloster S. Stefano in Bologna
gefunden, und die Acta Puteolanaaus dem Archiv der Kirche von
Pozzuoli, von den Bollandisten zuerst mitgetheilt. Das Verhältniss
dieser 3 Grundquellen, die voller Widersprüche sind, zu einander ist
äusserst schwierig zu bestimmen. Scherillo, der in einem diese Frage
behandelnden Werke in der Kunst der Harmonistik alles Mögliche und
Unmögliche geleistet hat, kommt zu dem Resultate, dass der grie-
chische Text der Vaticana die älteste Quelle sei. Vrgl. Giov. Sche-
rillo, Gli Atti del Martirio di San Gennaro e Compagni clopo la
celebre controversia tra i Bollandisti ed il Mazocchi, Napoli 1874.
Der hl. Januarius.
als Schrift und Tradition, die Jahrhunderte überdauert hat,
wenn auch nicht ungeschädigt durch den Einfluss der Zeit
und die neuerungssüchtige, kunstlose Hand späterer Gene-
rationen: die Katakomben von San Gennaro dei
Boveri. Sie sind das Monument, auf welchem der Name
der Urgemeinde von Neapel verzeichnet steht. Aus diesen
unterirdischen Begräbnissstätten, die unsere Phantasie nur
mit ernsten, trauernden Gestalten bevölkern kann, steigt das
Bild einer blühenden, lebensfreudigen Gemeinde vor uns auf,
die den Träumereien eines Tertullian von der Stellung des
Christen zu der Welt ebenso fern stand wie dem im Alter-
thume doppelt schweren Vorwürfe der Gegner, „eine schlupf-
winklige, lichtscheue Nation, stumm im öffentlichen Leben,
geschwätzig in den Winkeln" ') zu sein.
Die ersten Jahrhunderte haben uns keine Kunde über
die Katakomben hinterlassen, und als im 6. Jahrhundert
ihr Name zuerst genannt wird, geschieht es in einer an
Wundern und Widersprüchen gleich reichen Märtyrer-
legende, welche zugleich — hierin bestimmend für die spä-
teren Zeiten — das Interesse von dem Ganzen hinweg auf
einen kleinen Nebenraum, die sogenannte „Basilica (od.
Oratorio) di S. Gennaro" concentrirt. Die Akten des
hl. Januarius 2), des gefeierten Schutzpatrons von Neapel,
der als Bischof von Benevent — nach der gewöhnlichen
Annahme im Jahre 305 — im Amphitheater von Pozzuoli
') Min. Felix c. 8 bei Keim, Celsus' wahres Wort S. 162.
2) Die 3 ursprünglichsten Berichte, von denen sich zahlreiche an-
dere abgezweigt, sind wohl die Acta Vaticana in lateinischer und
griechischer Sprache, zuerst von Baronins veröffentlicht, die Acta
Bononiensia, im vorigen Jahrh. im Kloster S. Stefano in Bologna
gefunden, und die Acta Puteolanaaus dem Archiv der Kirche von
Pozzuoli, von den Bollandisten zuerst mitgetheilt. Das Verhältniss
dieser 3 Grundquellen, die voller Widersprüche sind, zu einander ist
äusserst schwierig zu bestimmen. Scherillo, der in einem diese Frage
behandelnden Werke in der Kunst der Harmonistik alles Mögliche und
Unmögliche geleistet hat, kommt zu dem Resultate, dass der grie-
chische Text der Vaticana die älteste Quelle sei. Vrgl. Giov. Sche-
rillo, Gli Atti del Martirio di San Gennaro e Compagni clopo la
celebre controversia tra i Bollandisti ed il Mazocchi, Napoli 1874.