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Schultze, Victor
Die Katakomben von San Gennaro dei Poveri in Neapel: eine kunsthistorische Studie — Jena: Costenoble, 1877

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https://doi.org/10.11588/diglit.74039#0048
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Gemälde der Arcosolien.

auf der Hinterwand einer Nische, deren Innenflächen mit
Vasen, Delphinen, Seepferdchen und Blumen geschmückt
sind, einen in eine Tunika gekleideten Jüngling mit aus-
gebreiteten Armen, wahrscheinlich Daniel unter den Löwen,
wenn auch die untere Partie des Bildes zu verwischt ist, als
dass man eine sichere Entscheidung fällen dürfte. Dagegen
stellt in einem Arcosolium derselben Reihe das Fragment
einer männlichen Figur inmitten zweier Delphine, mit Pallium
und langem Stabe in der Linken, ohne Zweifel den guten Hir-
ten dar und ist nicht, wie Garrucci will, als eine Illustration
zu Joh. 5, worauf ein rechts von der Figur abgebildeter
Baum mit Weinranken hinweisen soll, zu fassen. In einem
Kreise des Plafonds erscheint ein mit Bändern und
Blumen geschmückter Frauenkopf; die rechte Seitenwand
ist mit Rosen decorirt, die linke jetzt ganz ohne Malerei.
Neben diesen christlichen Darstellungen ist zum Schluss
ein Bild durchaus heidnischen Charakters zu erwähnen:
ein Ziegenbock, der, sein bekränztes Haupt rückwärts
wendend, mit einem an seinen Rücken angelehnten Thyrsos-
stabe ') kokettirt — eine leichte, elegante Zeichnung und
nicht ohne ein komisches Moment2). Die Hinterwand
wird durch eine von zwei Seepferdchen — das eine mit
einem Eselshaupte — begleitete Vase mit Blumen ein-
genommen, welche Bellermann freilich zu einem Hoffnungs-
anker christianisirt hat 3). Die Seitenwände zeigen Reben-

p Bei Bellermann (a. a. 0. Taf. VI) ist derselbe zu einem
„Hirtenstabe mit dem Hirtenkruge" geworden; vrgl. S. 77.

2) Auf antiken Malereien erscheint der Ziegenbock vielfach in komi-
schen Situationen.

3) Bellermanna. a 0. Taf. VI; vrgl. dazu S. 77: „Dieses Nischen-
bild ist von der Hand eines andern, weniger geschickten (?) Malers,
doch sind die Darstellungen sinnreich; fast in allen liegt ein christ-
licher Gedanke und eine Beziehung auf Tod und Unsterblichkeit, wie
im vorhergehenden Abschnitte die Bedeutung des Ankers, der Fische,
der Taube, des Weinstocks und des Bocks angegeben worden ist."
Charakteristisch für die Weise, wie man heidnischen Sujets christliche
Ideen aufzwingt, sind die nachfolgenden Worte des Verfassers: „Die
auf der anderen Seite des Nischenbogens befindlichen Darstellungen,
Kosen und darüber Granatbaumzweige oder Mohn, kommen sonst auf
 
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