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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0083

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Einleitung.

29

Dass aber Chärcmon Sonne und Mond schlechthin als die obersten Götter der Aegypter auf-
führt, findet seine grosse Entschuldigung darin, dass auch nach anderen Schriftstellern nicht bloss
zu Chäremon's Zeit, sondern schon geraume Zeit früher, so wie später, bei einem grossen Theile
der Aegypter, namentlich in der Volksreligion, ösiris und Isis in der That die ersten Stellen ein-
nahmen. Jene grossen, die Sinnlichkeit weniger ansprechenden Naturwesen, wie Amun und Phtha,
waren, besonders in dem öffentlichen Landeskulte, tiefer in den Hintergrund getreten und übten ihre
Herrschaft mehr in der gelehrten, dem Volke, so wie den Aegypten besuchenden Fremden, weniger
zugänglichen Theologie der Priester. Daher berichtet auch Herodot, dass nicht alle Aegypter
alle Götter gleichmässig verehrten, sondern lediglich in der gleichen Verehrung von Osiris und Isis
mit einander übereinkamen, was sicher nur von der Volksreligion gelten kann. Daher wissen auch
Schriftsteller, wie Diodor und Plutarch, bei denen jene grossen Götter, Amun und Phtha, ihre
hohe Bedeutung noch nicht verloren haben, dennoch so wenig von ihnen zu erzählen und kommen
immer und immer wieder auf Osiris und Isis zurück. Allein nicht minder wahr ist es, dass bei
demselben Plutarch, welcher noch den Amun als den ersten und höchsten aller Aegyptischen Göt-
ter kennt, dennoch ein beträchtlicher Theil der Aegypter diesen Gott ganz vergessen zu haben
scheint und offenbar dem Osiris den obersten Rang einräumt, sei es nun, dass man ihn als Sonne,
oder im materialen Sinne als erstes physiologisches Princip, welches man natürlich zugleich als
Träger der göttlichen Intelligenz betrachtete, oder im idealen als die göttliche, von der Materie
geschiedene, Vernunft ansah. Dass wir aber diese Stellung des Osiris nicht für die allgemeine
Ueberzeugung aller Aegyptischen Priester weder zu Chäremon's Zeit, noch nach derselben
halten, lehrt zur Genüge das Ansehen Amun's in dein ältesten Theben, so wie der oben nachge-
wiesene Gegensatz, in welchem die Thebäer ihren Ainun-Kneph gegen den Osiris festhielten.
Während daher Chäremon den Osiris als Demiurg bezeichnet, geben die Aegypter bei Eusebios 3)
diese Würde dem Kneph.

Ist nun unsere Erklärung gegründet, so folgt von selbst, dass diejenigen, welche nach Chä-
remon's Ausspruche den Inhalt der Aegyptischen Religion einzig und allein auf Astronomie beschrän-
ken zu müssen glaubten, unserer Stelle Gewalt anthaten. Noch mehr gilt diess von denen, nach
Avelchen Chäremon jenen Inhalt auf blosse Astrologie engern Sinnes (Nativitätsstellerei), wie solche
in den uns erhaltenen astrologischen Schriften der Griechen und Römer enthalten ist, eingeschlos-
sen gehabt hätte. Denn sind auch ohne Zweifel die Dekane und kräftigen Führer als Gewalten
der genethliologischen Astrologie anzusehen, so lässt sich doch dieses nicht mit gleichem Rechte
von den Planeten, Zodiakalbildern und den mit ihnen zugleich aufgehenden Fixsternen behaupten,
indem wir später geschichtlich nachweisen werden, dass man diese Sterne längst als göttliche
Wesen betrachtete und gewisse physische (phänomenologische) Einflüsse von ihnen ableitete, ehe

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Öe eiq ra oqwfnvct tov xoa^tov ueqtj xai ovdtv Eiq aö(Ofiarovq xai ^ojoaq ovoiaq iq/t tjvsvovTaq.

1) HERODOT. II, 43. Oeovq yaq ärj ov zovq avTOvq aixarTeq OflOUilf Aiyvmioi ocjlorTni nXrye Jowq Tf ««i Ooiqiaq' rov-
toji{ «Je ö/iotoiq unavrtq ncßovrai.

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2) liusKB. Pvaej). Ev, III? !!• !>• 115. Tov üijuiorqyov, £v Kv?jtp ol Aiyvmioi Trqoqcr/oqEvvvßiv, x. t. I.
 
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