Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0100

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
46

Einleitung.

spätere Erfindung. Die Apotelesmatik der Paranatellontensterne war in der altern Nativitätsstel-
lerei nicht gebräuchlich. In der apotelesmatischen Characteristik der Planeten herrschte gleichfalls
Verschiedenheit.

Sind die von uns bisher gemachten Bemerkungen gegründet, so leuchtet ein, wie ungünstig
die Unterlassung einer umsichtigen Erörterung der angeregten Fragen auf die Bearbeitung der
Aegyptischen Beligionslehre einwirken musste. Mochte nun auch bei diesem irrigen Zurückführen
des gesammten Stoßes auf eine einzige Wissenschaft und auf ein einziges System derselben (wenn
es z. B. die Astronomie war) ein Dornedden noch so viel Scharfsinn entwickeln, bei jedem
unbefangenen Kenner der Aegyptischen Quellenkunde *) musste er sich selbst augenblicklichst der
Einseitigkeit zeihen. Seine Auffassung konnte nicht absolut falsch sein, weil die Astronomie eine
Hauptrolle bei den Aegyptern spielte, allein sie Avar vorgefasst, beschränkt und einseitig, indem
sie den Theil für das Ganze nahm. Im Bezug auf den zu bearbeitenden Stoff musste eine solch
einseitige Darstellung den einen Theil als völlig todtes Capital unberührt lassen, den andern aber
nothwendig gegen seinen wahren Werth in Umlauf setzen. Uebrigens ist es mir dennoch unerklär-
bar, wie Gelehrte, die nun einmal die Astronomie als Grundlage aller Aegyptischen Geistestkätig-
keit ansahen, wenigstens nicht einen Theil der vorhandenen philosophischen Reste auf die Astro-
nomie als einen von ihr abhängigen Theil folgen Hessen. Dieses Uebergehen lässt sich nicht dadurch
beschönigen, dass man die von den Griechen über die Aegyptischen Mythen aufgestellten philoso-
phischen Deutungen in Zweifel zu ziehen erklärt. Denn womit verdienen wohl die astronomischen
Erklärungen der Griechen, welche doch jene Gelehrten als Basis ihrer Werke annehmen, ein grös-
seres Vertrauen?

Indess war es nur die geringere Anzahl der Mythologen, welche sich in diese engen Grenzen
bannte, der grössere Theil gestand vielmehr den Aegyptern eine Mehrheit wissenschaftlicher Be-
strebungen zu. Allein die Unterlassung der von uns geforderten Untersuchung machte sich auch
in diesen Schriften nicht minder bemerklich. Die Folge davon war ein Herüber- und llinüberglei-
ten aus der Astronomie in Philosophie und aus der Philosophie in Astronomie ohne genügende Fest-
stellung ihres beiderseitigen Verhältnisses. Ferner ein Schwanken aus dem Principe des Materialism
in das des Idealism, oder ein einseitiges Festhalten von jenem oder meistentheils von diesem, wäh-
rend doch beide Bichtungen, sicherlich in der letztern Zeit, zugleich neben einander bergingen. End-
lich sah man ganz hinweg von der etwa innerhalb des Gebietes einer und derselben Wissenschaft vor-
handenen Arerschiedenheit der Ansicht, was in doppelter Hinsicht nicht zu billigen war. Denn
zuvörderst entzog man sich ebenfalls einen Theil des zu verarbeitenden Stoffes, dann aber ver-
deckte man sich den Einblick in das wahre Wesen des Aegyptischen Geistes. Der Geist der
Aegypter, wie jedes andern Volkes, lässt sich nur in der Manniclifaltigkeit und Verschiedenheit
seiner Formen richtig auffassen. Und sollten sich von dieser Verschiedenheit der Formen auch nur
noch einige Trümmer erhalten haben, so ist es doch um so grössere Pflicht, das Vorhandene zu
sammeln und zu einer Gesammtansicht zusammenzustellen, je beschränkter im Ganzen der lleich-
thum des uns über die alten Aegypter Zugekommenen ist.

Es sei dem Verfasser vergönnt, das so eben Gesagte nur an derjenigen Aegyptischen Mytho-
logie, welche weitläuftige Prolegomenen vorausgeschickt hat, in denen doch unsere Fragen hätten
erledigt werden sollen, nämlich an der Jablonskischen nachzuweisen.

1) HEKiiitN- Ideen 2. TA. 2. Abth. p. 1G4.
 
Annotationen