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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0104

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50

Einleitung.

ren, etwa dem Jahrhunderte der Antonine, oder den Tagen der Plolemäer, oder der grauen Vor-
zeit der Rainses und Amenophis? In der That viel redlicher und der Wissenschaft frommender
wird man handeln, wenn man im schlimmsten Falle offen eingesteht, dass man von diesem oder
jenem Aegyptischen Gotte fast nichts ausser dem Namen wisse, als dass man diesen Namen in
lange und breite Gewänder hüllt, zu denen Griechenland und Italien, Syrien, Persien und Indien
die Stoffe geliefert haben.

In dieser Art, das Aegyptische aus dem vermeintlich völlig gleichen Griechischen, Römischen
oder Persischen abzuspiegeln, hat die neueste Aegyptische Mythologie, von Herrn Seyffarth in Leip-
zig bearbeitet, die grösste Höhe erreicht. Da der Verfasser das Unglück hat, von den mythologi-
schen Ansichten des genannten Gelehrten fast Satz vor Satz abweichen zu müssen, so wird er
natürlich in der Mythologie der Aegypter selbst stets Rücksicht auf dieses Werk zu nehmen haben.
Um jedoch nicht den Schein eines leichtsinnigen Absprechens zu erregen und um zugleich darzu-
thun, dass auch diese neueste Aegyptische Götterlehre eine Umarbeitung dieser Wissenschaft nicht
überflüssig mache, wird sich der Verfasser erlauben, schon in diesem Theile hin und wieder auf
Herrn Seyffarths mythologische Ansichten einzugehen. Wir lassen daher einige Beispiele des von
uns gemissbilligten Verfahrens folgen und zwar solche, die in nächster Beziehung zu dem Seyffarthi-
schen Systeme der Hieroglyphenentzifferung stehen und durch ihre vorausgeschickte Besprechung
späterhin den Gang unserer Untersuchungen erleichtern werden.

Einer der allerwichtigsten Punkte in dem neuesten Seyffarthischen Systeme der Hieroglyphik
ist die Bestimmung, welchem Wandelsterne die verschiedenen Gegenstände der Natur und Kunst
von den alten Aegyptern gewidmet gewesen seien. Es gründet sich hierauf, wie wir sehen wer-
den, die Möglichkeit der Ermittelung, Avelche Lautzeichen die einzelnen hieroglypiiischen Figuren
bedeutet haben mögen. Mit welcher Sicherheit nun diese Ermittelung bei Herrn Seyffarth von Stat-
ten geht, werden wir in ihrer Allgemeinheit weiter unten dem Leser vor Augen legen. Einstwei-
len aber wählen wir des angegebenen Zweckes wegen einen der vielen Artikel aus, nämlich die
Untersuchung, auf welchen Planeten von den Aegyptern das Kameel zurückgeführt worden sei.
Der ganze Abschnitt lautet also1}:

„Das Kameel ist ein Symbol der Sonne. Denn das Kameel stand in der grössten Ehre bei
den Persern und die Priester trugen Kleider von Kameelhaaren gewebt. Sie glaubten sogar, dass
der höchste Gott (die Sonne) in ein Kameel verwandelt gewesen sei. Die Priester aber waren,
nicht nur bei den Persern, sondern auch bei den Aegyptern, der Sonne heilig. Horapollo schreibt
dem Kameele Trägheit zu, welches auf die Sonne passt, wenn man sie mit dem Monde, Merkur
und der Venus vergleicht. Auch schreibt er ihm das Einbiegen des Fusses zu, Avomit er auf die
Sonne anspielt, wenn sie zur untern Hemisphäre herabsinkt. Unter allen Thieren beugt allein das
Kameel beim Gehen den Schenkel. Uebriaens scheint auch das Kameel etwas vom Mars und
Saturn gehabt zu haben, weil es (den Hebräern) verboten war, Kameellleisch zu essen."

t) Seyffarth Syst. Astr. Aeg. Quadrip. p. 143. Camelus symbolum 0. Camelus enim maximo in honore erat
apud Pers:is et sacerdotes habebaut vesHmenta pilis camelinis contexta, Credebant adeo, stimmum deum (©) niufatum fuisse
in Camelum (Brissou. de reg. Pers. priucip. p. 17(>. 497. 700.) Sacerdotes vero uon solum apnd Persas, sed Aegyptios
quoqtie 0 erant consecrati. (Ptolem. Quadrip. 1. p. 80.) Horapollo Camelo adscribit (II, 100.) segniliem, quae convenit 0,
quum 5? ¥ et ? comparatur et inflexionem gressus, quo alludit ad 0 in liemisphaerinm inferius fleetentem. Hic enim
solus, inquit ex omuibus animalibus cnis iuter eundum infleclit. Cetermn Camelus o» auf T; «liquid habuisse videtur, quo-
niam proliibilum erat, ejus carne vesci (Lev. XI, 4.).
 
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