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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0177

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Einleitung.

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chenden Religion musste in Aegypten ein ganz neues Leben beginnen, eben weil auf die nun ver-
lassene Religion das bisherige Leben in seinen verschiedensten Richtungen begründet war. Die
gesammte Denkungsart, Philosophie, Wissenschaft, Kunst, Sitte, ja selbst die nun mit christlich-
griechischen Ausdrücken überladene Sprache nahm ein ganz anderes Gepräge an. Aegypten begann
eine neue Rolle in der Weltgeschichte zu spielen, und dass diese keine zu untergeordnete war,
beweist die ältere christliche Kirchengeschichte.

Unsere Gründe für die Befugniss einer neuen Bearbeitung der Aegyptischen Mythologie und
Geschichte hatten sich bis jetzt nur auf diejenige Behandlungsweise bezogen, welche die Schrift-
steller des Alterthumes für ihre einzige oder doch hauptsächlichste Fundgrube betrachtete. Wir
gehen nun zu dem zweiten, im Anfange unserer Schrift angegebenen Standpunkte über, aus welchem
dieses Unternehmen sich nicht bloss als thunlich, sondern so gar als durchaus nothwendig ankündigen
dürfte. Es ist bekanntlich der Ruhm der neuesten Zeit, das, was beinahe zwei Jahrtausende ver-
gebens gesucht hatten, das, was zuletzt von vielen gerade zn für eine Unmöglichkeit ausgegeben
wurde, nämlich die Einsicht in die Originalschrift der alten Aegypter, welche wir nach ihrer ober-
sten Ordnung im Allgemeinen die hieroglyphische nennen wollen, erzwungen zu haben. Mag nun
auch das Urtheil der Gelehrten über die Richtigkeit der verschiedenen obersten Grundsätze der
hieroglyphischen EntzilFerungskunde oder der llieroglyphik, so wie über die Richtigkeit und Brauch-
barkeit des durch die llieroglyphik zu Tage Geforderten noch so verschieden sein, darin, glauben
wir, werden alle mit uns überein stimmen, dass, wer jetzt noch über altägyptische Religion und Geschichte
gründlich mitsprechen will, notwendigerweise sich von diesem Studium der Hieroglyphik überhaupt
und von den verschiedenen Methoden derselben insbesondere genau unterrichtet und sich so nach in
den Stand gesetzt haben muss, so wohl von der unbedingten als bedingten Wahrheit des Principes
und des nach diesem Principe eingeschlagenen Verfahrens kritisch Rechenschaft zu geben, als auch
den verschiedenen Werth des Gewonnenen richtig anzuschlagen, ihn mit jenen auf dem ersten
Wege, welchen wir der Kürze wegen den classischen nennen wollen, bisher erlangten Ergebnissen
zusammen zu stellen und je nach dem Grade seiner innern Bewährtheit und Richtigkeit als Material
in die allgemeine Darstellung aufzunehmen. Wer sich dieser Mühe entziehen wollte, würde sich
unfehlbar von .allen den Vorwurf einer tadelnswerthen Einseitigkeit und einer Selbstverkümmerung des
vorhandenen Stoffes zuziehen, namentlich Seitens jener gelehrten Hieroglyphiker, welche ihre aus
den Originalschriften entnommenen und so mit aus den ersten, authentischen Quellen geschöpften
Arbeiten als die an Wichtigkeit so gar die Nachrichten der Classiker weit übertreffenden darzustellen,
berechtigt zu sein scheinen, gewiss aber mit vollem Rechte verlangen können, dass ihre Untersu-
chungen genau beachtet und gründlich erwogen werden. Indem der Verfasser diese Anforderung in
ihrem ganzen Umfange einsah, hat er es sich zur Pflicht sein lassen, die verschiedenen Systeme der
llieroglyphik zu studiren, sie zu prüfen, mit einander zu vergleichen und, wo sie sich einander
gegenseitig ausschliefen, für das die mehrste Sicherheit bietende sich zu entscheiden, ohne jedoch
die Bestrebungen der übrigen nun aus den Augen zu verlieren, endlich das Studium der Koptischen
Sprache, als der, welche bei aller Verschiedenheit der Urtheile über sie doch den einzigen Schlüssel zur
Hieroglyphenentzifferung enthält, unausgesetzt zu betreiben und sich so zu befähigen, gleichfalls die
Einsicht in jene Originaldocumente zu erlangen. Ob gleich er es sich nicht unbedingt versagen
darf, das, was ihm selbst auf diesem Felde als bemerkenswerth vorgekommen ist, dem Urtheile der
Leser vorzulegen, so würde er doch die Stellung ganz verkennen, welche er seiner Schrift zu geben

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