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Schwarz, Klaus; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Mitarb.]; Ixmeier, Eugen [Ill.]
Archäologisch-topographische Studien zur Geschichte frühmittelalterlicher Fernwege und Ackerfluren im Alpenvorland zwischen Isar, Inn und Chiemsee: im Alpenvorland zwischen Isar, Inn und Chiemsee (Band 49, Textband): Textband — Kallmünz/​Opf.: Lassleben, 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.73519#0149
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ist. Hinter dem Dorf nimmt der FW 62 seine Haupt-
richtung nach Südosten auf, passiert das Schwarze
Moos und tritt bei Lindach wieder in die Feldflur
ein. 500 m vor Evenhausen berührt er den Weiler
Eßbaum (Karte 76). Dieser Name tritt östlich des
Inn vielfach auf und bezieht sich nach E. Troll auf
eingefriedete Plätze bei Wirtshäusern, d. h. auf
Straßenstationen, während H. Meixner sich an die
übliche Interpretation hält, wonach der Name von
Espan kommt und eine nicht zur Gemeindemark
gehörige Flur bezeichnet, auf der einzelne ein Wei-
derecht haben626. Auf die Fernwege bezogen, wäre
letzteres etwa als Rastplatz im Sinne von E. Troll zu
verstehen. Vor einer Verallgemeinerung des Be-
griffs in diesem Sinne muß man sich aber hüten,
denn vielfach sind Eßbaum-Fluren mit Sicherheit
nicht fernwegbezogen, wie z. B. die im kräftig ein-
fallenden Nordhang des Sulzberges 2250 m südwest-
lich von Vögling an der Roten Traun (TK 8142). -
An Eren/zflt«en/Evenhausen (um TIM aus 1077)627
führt der FW 62 im Südwesten und an Pfaffing am
Nordrand vorbei. Die Flureinteilung ist überall
auf den Weg zugeschnitten (Karte 76). Erst 250 m öst-
lich von Pfaffing schneidet er nach einer Drehung in
südöstlicher Richtung etwa 150 m weit die Flur.
Südlich des Friedel-Sees zeichnen vierteilige, kräfti-
ge Fahrrinnen im Wald den Verlauf bis zum Weiler
Halfurt nach, dessen Name den FW 62 funktionell
mit dem Ferntransport des Salzes verbindet (Karte
77,2). Es folgen die Furten über die Murn und einen
Nebenlauf von Asham. Nach dem Eintritt des FW 62
in den Wald und im Aufstieg auf den Wurst-Berg
setzt ein vielteiliges Fahrspurenbündel ein, darunter
ein bis zu 4 m tiefer Hohlweg. Die Fortsetzung des
Fernweges wird durch mehrere Abschnitte kräftiger
Geländespuren bezeichnet, so zwischen Grameiberg
und Aindorf, zwischen Pittenhart-Straßberg, Ober-
brunn und Wattenham (Karte 87,5 b), nördlich
Grünweg und im Gasteig, dem nach Roitham herun-
terführenden Hohlweg. Dort überschreitet der
FW 62, seinen Verlauf dem Gelände anpassend, an
einer besonders schmalen Stelle den Niedermoor-
streifen, der die Ischler Ache begleitet, und über-
quert einen Rücken, in dessen Südosthang sich die

Fahrspuren noch gut abzeichnen. In Seebruck er-
reicht er auf festem Untergrund den Westrand des
Alz-Laufes. Schwierigkeiten werden jenseits der
Brücke aufgetreten sein, wo ein vom Chiemsee nach
Norden vorstoßendes, 1 km breites Hochmoor zu
überwinden ist. Inwieweit dabei noch die RS I in
Anspruch genommen worden ist, läßt sich in diesem
neuzeitlich überbauten Gelände nicht entscheiden.
Verlauf des FW 162
(Karte 86; 92; Beil. 1)
Der FW 162 löst sich östlich von Kircheiselfing vom
FW 62 (Karte 75), durchschneidet die Feldflur von
Gammersham, führt am Hofe Langangazzon/Lang-
gassen (um 1110)628 vorbei (Karte 77,1) und hinter
dem Hofe Schilchau in das Streitholz. Dort wird er
durch ein vielteiliges Fahrspurenbündel und einen
Hohlweg eindrucksvoll ausgewiesen. In gleicher
Weise ist der FW 162 bei Leiteneck und durch den
ganzen Wald zwischen Froitshub und Allertsham zu
verfolgen (Karte 86). Im nächsten Waldstück süd-
östlich Albertaich tritt er mit einem fünfteiligen
Fahrspurenbündel, darunter einem bis 2 m tiefen
Hohlweg, auf. Es zielt auf Ilzham, so daß die ehema-
lige, nun nur in der Feldflur rekonstruierbare Trasse
nach Obing geführt haben muß. Dabei werden orts-
nahe Flureinheiten durchschnitten. Das ist verständ-
lich, denn hier wird eine merowingerzeitliche Sied-
lungskammer durchfahren, wie die zahlreichen -ham
und -ing Ortsnamen wahrscheinlich machen und wie
für Obing durch ein Reihengräberfeld sowie durch
die Schenkung von 20 Huben durch Herzog Theode-
bert an das Bistum Salzburg im frühen 8. Jahrhun-
dert629 belegt wird. Von Obing bis Altenmarkt a. d.
Alz wäre der Verlauf des FW 162 im Gelände zu
erkunden.
Bei Altenmarkt überschreitet der Weg dann die Alz.
Der Ort, auf der Talterrasse im Mündungsdreieck
von Alz und Traun gelegen, wird kurz vor 1245 als
forum Trosperch antiquum bekannt630, gleichsam als
Vorgänger eines damals 3 km flußabwärts nach
Trostberg verlegten Marktes. Wieweit die Entste-
hung des ersteren zurückliegt, ist unbekannt. Ein am

626) E. Troll, Das Siedlungsbild des Inn-Chiemsee-Vorlandes. Mitt. d. Geographischen Ges. München 25, 1932, 47. —
Zum Flurnamen: J. Schnetz, Der Flurname Espan. Zeitschr. f. Ortsnamenforsch. 1, 1925, 121 f.; Meixner (Anm.
207) 63. Zu der damit verwandten, seit 1290 bekannten Bezeichnung espan, einem freien Platz in der Flur, der zur
Viehweide benutzt wird; vgl. Grimm (Anm. 238) 3 (1862) 1157.
627) Mon. Boica II 445 nr. 1; MG DH IV 397 nr. 302.
628) Graf Hundt (Anm. 78) III nr. 18.
629) Die villa Opinga wird im frühen 8. Jahrhundert mit 20 Huben von Herzog Theodebert an die Salzburger Kirche
geschenkt: Hauthaler (Anm. 24) 6.
630) R. van Dülmen, Zur Frühgeschichte Baumburgs. ZBLG 31, 1968, 44.

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