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Werk, der Georg von Or San Michele, zugleich das vollendetste
und am meisten typische. Vor allem dadurch, daß hier trotz
der vollkommen plastischen Durchbildung ein der Antike durch-
aus entgegengesetzter Charakter unmittelbar empfunden wird.
Die Ursache davon dürfte darin zu suchen sein, daß im
Schaffen Donatellos der Raum stets an den Funktionen ent-
wickelt wird: indem diese zusammengenommen und an ihnen
die Raumwerte geschaffen werden. Während die Antike den
entgegengesetzten Weg verfolgt, indem die Intuition des Räum-
lichen vorangeht und erst innerhalb des Raumes die Lebens-
äußerung, die Gestaltung des Organischen eintritt. Die Funktion
als Ausgangspunkt ist bei Donatello unverkennbar und der
Raum ergibt sich bei ihm immer aus der Oekonomie der
Funktionen.
Bei der Betrachtung des Georg vergegenwärtigt man sich
dies unmittelbar. Trotzdem die Figur mit beiden Füßen aufsteht,
werden wir das linke Bein als eigentliches Standbein bezeichnen
müssen; es ist die Säule des Körpers und dem Charakter des
Ganzen nach von immensem Funktionsgehalt. Indes, die Potenz
des Lebendigen, die dieses Bein von der Hüfte bis zum Fuß
hinunter erfüllt, wird von Donatello derart verallgemeinert und
sozusagen in seiner Idee gebracht, daß sie sich bis zur festen
Raumandeutung zu wandeln imstande ist. Aus den Funktions-
momenten wird eine Raumeinheit, und zwar von solcher
Stärke und Bestimmtheit, daß dadurch der Schild an den Körper
herangezogen wird und Schild und linkes Bein zugleich wie
eine geschlossene Masse das Fundament des Oberkörpers bilden;
dessen rechter Arm genau nach demselben Prinzip zum Räum-
lichen aus dem unmittelbar Lebendigen gewandelt, als den
Mantel in den Raum hineinzwingend in Betracht kommt, über
dem dann das Ganze in Hals und Kopf seinen Abschluß findet.
Auf diese Weise kommt im Georg das Plastische als Verein-
heitlichung der Raum- und Funktionswerte zum Rhythmus tat-
sächlich zustande und wird vor dem Werke unmittelbar emp-
 
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