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Kunsthistorische Bilderbogen: für den Gebrauch bei akademischen und öffentlichen Vorlesungen, sowie beim Unterricht in der Geschichte und Geschmackslehre an Gymnasien, Real- und höheren Töchterschulen zusammengestellt: Textbuch zu Seemann's kunsthistorischen Bilderbogen — Leipzig, 1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.1298#0161
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ißA I. Niccolo Pifano und Giotto.

ihres Namens durch Infchriften bedachten Bildhauer wie Toscana.
In der decorativen Sculptur wetteiferten mit ihnen die normannifchen
Fürftenthümer und die Handelsftädte in Siiditalien und auf Sicilien.
Sie offenbaren aber ferner eine ftarke Abhängigkeit von der alt-
chriftlichen Tradition, welche wefentlich durch die zahlreichen Elfen-
beinreliefs vermittelt wurde. So treten uns z. B. in dem Relief
des Benedetto Anfelami im Dome von Parma (No. 108, 4), dem
Fragmente eines größeren Werkes, noch die Figuren der Kirche
und der Synagoge (in kleinerem Maßftabe als die anderen Geftalten,
die Ecclesia mit Kelch und Fahne, die Synagoge in hohenpriefter-
licher Tracht, mit zerbrochener Fahne), die in der altchriftlichen
Kunft typifch waren, entgegen. Auch die Compofition der Bronze-
reliefs 'an der Thüre des füdlichen Kreuzfchiffes im Dome zu Pifa
(No. 108, 2) gehen auf Darftellungen aus dem vorigen Jahrtaufend
zurück. Von großem hiftörifchen Werthe wären die Reliefs der
Verkündigung, Geburt Chrifti und Anbetung der h. drei Könige
(No. 108, 1), welche aus veiner alten Kirche in Ponte allo Spino
bei Siena in den Dom übertragen wurden, wenn fich die Zeit ihrer
Entftehung genauer beftimmen ließe. Denn denfelben liegt offen-
bar eine Kenntniß der antiken Kunft, inbefondere etruskifcher Grab-
kiften zu Grunde. Da fie fich aber chronologifch nicht einordnen
laffen, fo können fie nicht als eine unmittelbare Vorftufe für die im
dreizehnten Jahrhunderte auftretende Richtung gelten, welche in
verfchiedener Weife fich von antiken Sculpturen die Mufter holt.
An zwei Punkten können wir gleichzeitig die Nachahmung antiker
Werke beobachten. Unter Kaifer Friedrich II:, defien Bauliebe eine
Reihe leider jetzt völlig verfallener .Schlöffer in Caftel del Monte,
Andria, Foggia, Capua u. a. den Urfprung verdankt, fand auch die
Sculptur eine weitere Pflege, die antike Kunft, von welcher Süd-
italien mannigfache Refte befaß, wieder Beachtung. Den Beweis lie-
fern die in Meffina und Brindifi gefchlagenen Goldmünzen, die fo-
genannten Auguftalen, und die allerdings in ihrem Urfprunge be-
zweifelten Refte des plaftifchen Schmuckes, mit welchem Friedrich H-
1247 die Marmorpforte des befeftigten Capua bedachte. Zu
diefem gehörte die feit Jahrhunderten verftümmelte Statue des Kai-
sers, der Kopf einer Statue, welche die Stadt Capua perfonifkirte
und die Büften der beiden berühmten höhenftaufifehen Staatsmännei
Pietro della Vigna und Taddeo da Seffa. Sie alle, im Mufeo Cam-
pano in Capua bewahrt, zeigen die bewußte Nachbildung antiker
Formen. Ein anderes Beifpiel diefer füditalifchen Plaftik bietet der
Porträtkopf aus Ravello bei Amalfi (No. 110, 5), gewöhnlich als
das Bildniß der Sigilgaita Rufolo bezeichnet und auf dem Thür-
bogen (ob auch fchon urfprünglich, ift zweifelhaft) der 1272 er-
richteten Kanzel aufgeftellt. - Auf das reine Oval des Kopfes, da*
 
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