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Seetzen, Ulrich Jasper; Kruse, Friedrich [Hrsg.]
Reisen durch Syrien, Palaestina , Phoenicien, die Transjordan-Laender, Arabia Petraea und Unter-Aegypten (Band 2) — Berlin, 1854

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https://doi.org/10.11588/diglit.11229#0035
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Oelberg. Gräber. 29

Seiten ist die Fernsicht weniger interessant; denn selbst das
nur 2 Stunden ferne Bethlehem verbirgt sich hinler dem
Bergrücken, worauf das griechische Kloster Mär Elias erbaut
ist. Indessen ist die hohe konische Bergspitze el PhcrdeYs,
ein paar Stunden ostsüdostwärts von Bethlehem, hier sicht-
bar. — Auch Bethania konnte ich von hier nicht sehen.

Ich kehrte von hier auf einem andern Pfade nach der
Stadt zurück, der etwas weiter südwärts den Gräbern der
Juden vorbcyführt, welche einen beträchtlichen Theil vom
Fussabhange des Oelberges einnehmen. Die Juden haben näm-
lich den Gebrauch, welchen auch die Mohammedaner beobach-
ten, dass sie ihre Todten immer in ein neues Grab legen.
Ueberdem rührt die grosse Menge der jüdischen Gräber von
einer ihrer allgemein angenommenen Lehren her, dass nämlich
nach der tausendjährigen Todtenruhe, welche dem Ende aller
Dinge folgt, alle Todten der Erde, seyn sie, von welcher
Religion sie Avollen, sieh hier versammeln müssen, sobald sie
durch die Posaune des Engels erweckt werden. Hatten sie
das Unglück, einzelne Glieder zu verlieren: so muss ihr ver-
stümmelter Körper sie aufsuchen, und müssle er auch alle
Wclttheile durchrollen. Ich sage durchrollen; denn die Juden
glauben, dass die Todten unter der Erde hinrollen, bis sie
das Thal Josaphat erreichen. Diese sichere Ueberzeugung, an-
derer Gründe nicht zu gedenken, macht, dass hier jährlich
mehrere, oft reiche, Juden aus entfernten Gegenden ankom-
men, in der Absicht, hier ihre letzten Lebenstage zu beschlic-
ssen und im Josaphat-Thale ihr Grab zu erhalten, um jener
Unbequemlichkeit beym Erwachen überhoben zu seyn.

Neben diesem Bcgräbnissplatze wurde ich durch den An-
blick einiger kleinen Gebäude überrascht, welche ein hohes
Alter zu haben scheinen, und so viel mir bekannt ist, bisher
nicht von Reisenden beschrieben sind. Sic gehören in archi-
tektischer Hinsicht zu den merkwürdigsten Gegenständen, die
man hier findet. Am Fusse des Oelberges und dicht am Ufer
des jetzt trocknen Kidrons oder Wady Jüschphat standen an-
sehnliche Felsen von schmutzig weisslichtem Marmor zu Tage,
Avelcher fast gar keine Schichten zeigt, Diese Felsen behaute
 
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