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Seidel, Friedrich; Schmidt, Franz
Arbeitschule (Band 8): Das Thonmodelliren: Für Kinder von 4 bis 14 Jahren — Weimar, 1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.43170#0003
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Kehren wir nun zur methodischen Behandlung des Ganzen zurück. Wie
sich der Werth jeder Arbeit und Thätigkeit dadurch erhöht, daß sie mit einer
gewissen Ordnung, mit Eigensinn und Sauberkeit vollzogen wird, so halte man
auch beim Modelliren mit Thon aus die drei Tugenden. Um darum Tische
und Pulte uicht zu beschmuzeu, verlauge mau, daß die Kinder eine reinliche
Unterlage, etwa ein gehobeltes Bretchen von entsprechender Größe vor sich
haben, so wie man daraus zu sehen hat, daß nach beendigter Beschästigung das
Material von den Kindern ausgehoben werde und sie sich die Hände sorgfältig
reinigen. Die sertigcn Arbeiten lassen sie an der Lust trocknen; Unebenheiten
daran Helsen sie mit dem Messer nach und die gelungcneren Sachen mögen sie im
heißen Ösen erhärten lassen, um sie länger anfbewahren zu können.
Ein Haupterforderniß zmn Modelliren ist nun vor allen! ein guter Thon.
Läßt sich an Ort und Stelle, z. B. von dem Töpser, ein solcher schon znbercitet
erlangen, so ist dieses das Bequemste. Wo das aber nicht der Fall ist, da be
obachte man Folgendes: Zunächst lasse man den grünlichen, etwas fetten Thon,
wie er ans der Erde genommen ist, an der Luft abtrocknen, schneide ihn mit
dem Messer in lauter feine Scheibchen. Dadurch wird es möglich, die Steinchen,
welche die Arbeit hindern und ssch zahlreich mit dem Thon vermengt finden,
zu entfernen. Alsdann weicht man ihn mit Wasser ein, läßt ihn eine Weile
ruhig stehen, so daß er die Feuchtigkeit vollständig in sich aufnimmt, und arbeitet
ihn schließlich mit einer hölzernen Keule mehrmals tüchtig durcheinander, bis er
die nöthige Zähigkeit zur Verarbeitung besitzt. Ilm deu Thon von einem zum
andern Tage stets brauchbar zu erhalten, schlägt man ihn in ein feuchtes Tuch
und bewahrt ihn im Keller auf.
Gehen wir uun zu uuserm Stnfeugange selbst über. Die Fröbcl'sche
Schule beginnt bekanntlich mit den drei Grundformen der Technik: Kugel,
Walze, Würfel. (Taf. 2.) Aus der einen Kugel entwickeln sich zwei,
welche aneinander gereiht sind, ferner der Apfel n. dergl. mehr. Bei der Walze
haben wir den Kegel und ähnliche Gegenstände. Durch Abschueiden der Ecken des
Würfels entsteht der Würfel mit abgestumpften Ecken, durch Entfernen der
Kanten die achtfeitige Säule, und es lassen sich auf solche Weise alle möglichen
Krystallformen darstellcn. Indessen hielten wir diese Uebnngen für zu schwer,
um damit beginnen zu können. So einfach und leicht z. B. die Kugel scheint,
so ist sie doch schon ein Meisterstück der Kunst, indem zum Anfertigen derselben
ein ganz gleichmäßiges Bewegen der Hände gehört. Ans diesem Grunde und
namentlich auch, um die Hand der Kinder erst an das fremde Material etwas
zu gewöhnen, lassen wir eine Tafel „Vorübungen" vorausgehen, welche die
leichtesten Gegenstände darstellen und sich hoffentlich auch den Beifall derer er-
werben werden, die im Kindergarten bisher mit den Festgestalten der zweiten
Spielgabe begonnen haben.

Der erste Gegenstand, welcher sich Tafel 1 uns zeigt, ist eine Nuß. Aus
dieser entsteht unter leichtern Druck der Hand ein Brod; beim Hin- und Her-
rollen eine Cigarre oder eine Stange Lakritzen. Da das Stäbchenlegen
schon geübt wurde, so erinnert sich das Kind jetzt der Figuren und bildet mit
Thon einige bekannte Formen nach. Auf diese Weise können die Uebnngen,
welche wir ans unserer I. Tafel bieten, nach Maßgabe des Stäbchenlegens
„Arbeitsschule V." weiter fortgesetzt und vermehrt werden. Auch werden schon
bald wirkliche Stäbchen und Draht benutzt, nm manchen Gegenständen mehr
Halt und ein besseres Aussehen zu geben. Jetzt folgen nun noch andere leichte
Formen von Gegenständen, die das Kind kennen gelernt hat, z. B. Sägebock,
Kreuz, Leiter, Wurst, Kette — woran sich dann auch noch einige leichte
Sch ö nhe itssormen rc. anschließen.
Mit der ersten Tafel steht unter Vermittlung der zweiten, die dritte
Tafel in engster Verbindung, so daß die mehr walzenförmigen Körper fortgesetzt
werden, gar bald aber auch die Kugel ergänzend hinzutritt.
Schon bei diesen, sowie namentlich auch bei den folgenden Figuren, macht
sich nun die Beihilfe eines Modellirmesfers nöthig, zu welchem Zweck wir
es auf der zweiten Tafel abgebildet finden. Dasselbe läßt sich sehr leicht (am
Besten aus hartem Holze) anfertigen und ist an den: einen Ende spitz, an dem
andern aber möglichst scharf und glatt geschnitten, Beim Gebrauche macht man
es zuweilen etwas naß, damit die Figuren ein besseres Aussehen bekom-
men. Noch weiterer Werkzeuge sich bei der Beschäftigung zu bedienen, halten
wir überflüssig, wenn auch B lasche einen ganzen Apparat solcher in seiner
„Werkstätte der Kinder" vorgeschlagen hat. Sie tragen nur dazu bei, die Kinder
zu zerstreuen, und es ist eine Erfahrungssache von uns, daß dieselben vor den
vielen schönen und blanken Werkzeugen, welche oft schweres Geld gekostet haben,
sehr oft nicht zur Arbeit kommen, was doch ein großer Nachtheil ist. Je ein-
facher das Hilfsmittel, desto größer die Geschicklichkeit!
Wir kommen nun zur 4. und 5. Tafel, die beide uns in Hans, Hof, Feld und
Garten führen. Sie dienen dazu, die Kinder anznweisen, Alles und auch das
Gewöhnlichste, was wir täglich um uns haben, mit aufmerksamen Blicken zu
betrachten. Denn das Ange eines Zeichners und Modelleurs muß in vieler
Beziehung ein anderes als das des gewöhnlichen Mannes sein, es sieht und
bemerkt an den Gegenständen mehr und theilweis vieles anders, als das un
geübte. Wer einen Gegenstand gut nachbilden null, muß ihn von allen seinen
Seiten und in allen seinen räumlichen Beziehungen richtig erkannt haben, und
dazu ist ein strenges Ausmerken nöthig. — Von nun an werden die Gegenstände
immer schwerer, und es ist uns des Raumes wegen nicht immer möglich ge-
wesen, auf den einzelnen Tafeln die leichteren Figuren vorausgehen zu lassen,
doch wird sich der Schüler in dieser Beziehung leicht zu helfen wissen. Zudem
 
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