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Seidel, Friedrich; Schmidt, Franz
Arbeitschule (Band 8): Das Thonmodelliren: Für Kinder von 4 bis 14 Jahren — Weimar, 1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.43170#0002
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vP'ine der angenehmsten Beschäftigungen für die Jugend ist das Formen ver-
schiedener Gegenstände ans Thon. Der weiche, etwas zähe Stoff gibt dem
Willen der Kinder leicht nach, und da diese meist Gegenstände ihrer Umgebung
und ihrer Phantasie nachbilden, so wird die Uebnng darin leicht zu einer Fer-
tigkeit, die eben so angenehm unterhält, als sie bildend wirkt. Darum
beschäftigen sich auch schon sehr kleine Kinder gern damit, wie man bei ihren
Spielen die Erfahrung machen kann, und für größere ist das Modelliren eine
treffliche Vorschule des Lebens und eine Vorbereitung zum künftigen Berufe.
Das nähere Eingehen auf die Beschäftigung macht uns aber zweierlei znr
Pflicht: daß wir neben dem vom Leichten zum Schweren fortschreitenden Stufen
gange und der methodischen Unterweisung zur Anfertigung der einzelnen Gegen
stände auch noch die Grundsätze zeigen, welche bei dem Modelliren in Au
Wendung kommen. So haben wir von vornherein festgehalten, daß, wenn auch
der Gang, welchen wir hier aufgestellt haben, kein unkünstlerischer werden durfte,
wir ans Gründen doch alles das davon auszuscheiden hatten, was dem Ako
delleur und Stuckaturarbeiter zu seiner speziellen Berufsbildung znkommt.
Ebenso halten wir bei Kindern den Zweck für schon erreicht, wenn sie, was die
Anssührung anlangt, die Gegenstände unserer Vorlagen nur einigermaßen gut
nachbilden lernen, und man wird deshalb bei ihrem Thun nicht immer den
höchsten Maststab anlegen dürfen, weil namentlich kleinere Kinder in dem Einen
auch vielfach Anderes sehen und sich oft mit einer entfernteren Aehnlichkeit be
gntzgeu. Dabei haben unsere Hebungen aber den Werth, daß sie fämmtlich mit

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freier Hand auszuführen sind und jedes künstlichen und kostspieligen Apparates
entbehren.
Im Ganzen verfolgen wir mit diesem Hefte jedoch noch einen andern Zweck.
Wie wir nämlich durch das Beigeben der kulturhistorischen -rafel <Waf. 8) die
Jugend dafür zu iuteresfireu suchcu, was unfern Borfahren — z. B. an Was
fen und Werkzeugen — einst angehörte lind was manche Völker theilweis jetzt
noch besitzen, so wollen wir schon durch die Andeutung der kleberschriften: der
Glaser, Por zellanarb e it er , K o nd it or Anregung geben, daß die Kinder
in die verschiedenen Werkstätten der Handwerker geführt werden, um hier zu
scheu, woraus uud wie Etwas entsteht, welche Werkzeuge, Geschicklichkeiteu
uud Kräfte dazu uöthig fiud u. s. w. Demi gar bald wird für den Schüler
die Zeit kommen, wo er 'sich einen Beruf zu wählen hat uud es daun gut für
ihn ist, wenn nicht so rein zufällig dabei verfahren wird, wie es leider so viel
fach geschieht. Heutigen Tages, wo die Freiheit der Gewerbe immer weiter
um sich greift, vermag nur der intelligente Arbeiter feine Familie zu ernähren
und etwas Tüchtiges zu leisten. Tie genkerbliche Intelligenz läßt sich aber nur
fördern, wenn Lust uud Liebe zu einer bestimmten Thätigkeit vorhanden ist,
und diese wird sich nur dann ausdauernd zeigen, wenn die Wahl des Berufes
mit den Wünschen des Betreffenden übereinstimmend war. Die Erziehung der
Gegenwart hat die Aufgabe, das besonders in's Ange zu fassen, und wir
hoffen, daß gerade dieses unserer Beschäftigung einen nachhaltigen Werth ver-
leihen werde. —
 
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