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Seidel, Friedrich; Schmidt, Franz
Arbeitschule (Band 3): Das Pappen (Modelliren): für Kinder von 5 bis 14 Jahren — Weimar, 1866

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https://doi.org/10.11588/diglit.43165#0003
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^)aS Pappen (Modellireu), als ferneres Mittel zur Arbeitsübung und Beschäf-
tigung der Ingend, erhält in vorliegendem Hefte einen Lehrgang vom Leichtern zum
Schwerer» zur Darstellung plastischer Formen aus Pappe. Derselbe zerfällt in:
1) die einfachsten Formen, welche bei dieser Beschäftigung überhaupt möglich sind,
gegründet auf ein erleichterndes Verfahren dabei; Taf. I bis lll.
2) die geometrischen Grundformen nnd Körper, zur mathematischen Anschauung
und als Hilfsmittel, geometrische Sätze nnd Wahrheiten daran zu beweisen; Taf. IV und V.
3) Gegenstände ans der Technologie, insbesondere Hausgeräthe und Modelle
von Handwerksgegeuständen; Taf. VI, VII und VIII.
4) kleine und größere Häuser; eine Marktbude, Stall, Hans, dasselbe mit ge-
brochenem Giebel, eine Kirche mit Thnrni und das Wielandshaus, gezeichnet von einem Ur-
enkel Wielands; Taf. IX nnd X.
Mit diesen letzten Tafeln wünschen wir unser ,,Pappen" zugleich als eine Vorschule für
das Modelliren der in neuerer Zeit so b eliebt g e w o r de n en M o d e l l j r-
Bilderbogen anznsehen. Wir hatten nämlich hinlängliche Gelegenheit zu beobachten,
wie nur wenige Knaben im Stande waren, die ihnen bis jetzt zur Hand gegebenen Modellir-
bogeu ohne fremde Hilfe anzuwenden. So wurden auch die Vers, von einigen Eltern in
Anspruch genommen, ihren Kindern die uöthige Anleitung dazu zu gewähren. Auf diese Weise
entstaub der vorliegende Lehrgang, und wir dürfen darum hoffen, daß das, was inmitten
aus dem Bedmfniß und der Praxis hervorgegaugeu, auch wieder den Weg zu der Jugend
finden würde.
Von den zu Papparbeiten erforderlichen Werkzeugen sind im Ganzen nur wenige
nöthig, wenn man unter dem „Pappen" . nicht etwa das Ganze der Buchbinderei verstehen
will. Dieselben lassen sich darum auch bequem in einem Kästchen von einem Ort zum an-
dern tragen, so daß unsere jungen Freunde sich überall ihre Werkstätten leicht anfschlagen
können. Zn dem Wenigen aber rechnen wir einen guten Zirkel, ein scharfes Mes-
serchen, eineScheere, einen Winkel nnd ein kleines Lineal. Einen guten
Zirkel erkennt man leicht, wenn seine beiden Enden in zwei stahlharte Spitzen auslaufen, die
sich genau berühren, dabei muß er sich beim Auf- nnd Zumachen nicht leicht nnd doch mög-
lichst gleichmäßig im Gewinde bewegen. Beim Gebrauch fasse man ihn am Kopfe und
sehe darauf, daß seine Spitzen nicht zu sehr in das Papier eindringen, weil sonst die Zeich-
nung ungenau wird. Der Zirkel mit Schneideeinsatz zur Anfertigung chlindrischer Gegen-
stände ist bei vielen Buchbindern gänzlich außer Gebrauch gekommen, indem man bei vor-
kommenden Fällen durch Nachschneiden mit der Scheere nnd dem Messer Hilst. — Hat man
die Punkie von einer Figur (Netz) zu einem Körper mit dem Zirkel richtig abgestochen, so
zieht man von dem einen zum anderen eine feine Linie, die bei dem Ausschneiden später die
Richtung angibt.
Zum Ausschneiden der Pappe nnd des Papiers reicht für den Anfang ein scharfes Feder-
messer schon ans, wenngleich man mit demselben sehr vorsichtig umgehen muß, da es leicht
abbrechen kann, außerdem aber bei öfterem Gebrauche sich auch zu leicht abstnmpft. Darum
empfehle» wir an dessen Stelle einen Schnitzer, wie ihn der Tischler nnd der Drechsler
nöthig hat. Beim Gebrauch halte man ihn immer etwas schräg, weil sonst Papier und
Pappe leicht uneben wird und reißt. Reicht der erste Schnitt noch nicht vollkommen ans, so

lasse man lieber zu derselben Absicht das Messer mehrere Male in gleicher Richtung darüber
hinweggehen, anstatt durch vermehrten Druck Pappe und Unterlage zu verderben. Hat man
Flächen abzuschueiden, wo man mit dem Messer nicht gut aukommt, so bedient man sich dabei
mit Vortheil der Scheere.
Lineal und Winkel sind am besten von Messing oder Eisen, weil der Anfänger bei
aller Vorsicht und Anleitung leicht Gefahr läuft, hinein zu schneiden und es zu verderben. Das
Lineal prüft man, indem man an der Seite eine seine Linie an dem Papier hiuzieht. Hier-
auf wendet mau dasselbe über die gezogene Linie nur nnd zieht eine zweite Linie au der
Seite des Lineals, die der ersten am nächsten ist: laufen die beiden gezogenen Linien ganz
gleichmäßig neben einander hin, so daß auch nicht die geringste Abweichung an denselben zu
verspüren ist, so ist das Lineal brauchbar. Auf ähnliche Weise prüft man auch das Liueal-
dreieck oder den Winkel. — Der Gebrauch von Lineal und Winkel ist eines Theils sehr ein-
fach, so daß jede Anweisung dazu unnütz wäre, andern Theils ergeben sich unter der Hand
eine Anzahl Fälle, welche Kunstgriffe damit zulassen, die aber gefunden sein wollen und sich
unmöglich in den Rahmen einer Beschreibung, die wenigstens verständlich ist, bringen
lassen.
Für die, welche unser „Pappen" gebrauchen wollen und keine passende Gelegenheit haben,
sich die eben beschriebenen Werkzeuge von nur einiger Güte zu verschaffen, zeigen wir an,
daß die Verlagöhandlung von Hermann Böhlau in Weimar dieselben gut gear-
beitet vorräthig hält. Daö Etui mit Einlage kostet direkt bezogen, I Thlr. 15 Sgr.
Außer diesen machen sich noch einige Breichen aus Liudenholz zum Beschneiden, Be-
streichen nnd Pressen der Pappe nöthig, sowie einige Näpfchen zum Klebestoff :c., die in je-
der Haushaltung leicht zu finden und zu beschaffen sind.
Sehr wichtig für das Pappen ist die Herstellung und richtige Anwendung des Klebe-
stoffs, denn von ihm hängt es wesentlich ab, ob die Arbeit gelingt oder nicht. Als solcher
dient namentlich Mehl- nnd Stärkekleister, Gummi arab. nnd Leim. Die beiden
letzteren aber werden unter allen Umständen vorzuziehen sein, indem besonders das Gummi
sehr reinlich und leicht herznstellen ist.
Zum Mehlkleister nimmt man ein halbes Näpfchen voll feines Weizenmehl und rührt
fast ebenso viel Wasser so lange darunter, bis alles zu einem zähen Kleister geworden ist nnd
kein Mehl mehr dazwischen sitzt. Verbraucht man ihn nicht gleich, so thnt man Wohl, das
Geschirr mit Papier zu verschließen, vorher aber den Spatel heraus zu nehmen, weil der
Kleister sonst leicht in Gährnng übergeht. Auf ähnliche Weise wird der Stärke kleister zu-
bereitet, nur daß das Wasser dazu siedend gemacht wird.
Der Leim muß, gegen das Licht gehalten, hellgelb anssehen und ziemlich rein sein.
Man zerschlägt ihn in einem leinenen Lappen und thut die Stücke davon in ein Töpfchen,
gießt soviel kaltes oder warmes Wasser darüber, als hinreicht, ihn zu bedecken, nnd läßt ihn
so einige Zeit in dem Wasser aufweichen. Alsdann bringt man das Töpfchen über das
Feuer und läßt den Leim kochen, indem man ihn einigemal noch hernmrührt. Vor dem Ge-
brauche muß er wie Eiweiß oder dickes Oel tropfen; thnt er das nicht nnd ist er zu
flüssig, so muß man ihn noch etwas über dem Feuer lassen, sowie im Gegentheile man noch
etwas Wasser hinzngießt, um ihn in rechter Weise flüssig zu haben.
Gummi arab. bekommt mau theils klar, theils auch in Körnern. Je reiner es ist,
 
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