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Seidlitz, Woldemar von [Hrsg.]
Allgemeines historisches Porträtwerk: eine Sammlung von 600 Porträts der berühmtesten Personen aller Völker und Stände seit 1300 : mit biographischen Daten (Serie 8/9): Künstler und Musiker — München: Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.67413#0043
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Hans Holbein der Ältere.
Geb. um 1460; gest. 1524.

Hans Holbein der Ältere wurde um das Jahr 1460 oder einige Jahre später zu Augsburg als Sohn des Lederers
Michael Holbein geboren. Es ist unbekannt, wer sein Lehrer in der Malerei war. Da jedoch seine früheren Werke
eine unverkennbare Ähnlichkeit mit den Arbeiten Schongauers verraten, liegt die Annahme nahe, daß er sich eine
Zeitlang zu Colmar in der Werkstätte Schongauers aufgehalten habe. Die ältesten Gemälde von seiner Hand, Szenen
aus dem Leben der Maria darstellend, sind im Jahre 1493 entstanden. Holbein malte sie für die Reichsabtei Wein-
garten in Schwaben. Gegenwärtig schmücken sie zwei Seitenaltäre im Dom zu Augsburg.
Im Jahre 1494 finden wir Holbein zum erstenmale in den Steuerbüchern von Augsburg erwähnt. Wir dürfen
daraus schließen, daß er um diese Zeit in seine Vaterstadt zurückkehrte und eine eigene Werkstätte eröffnete. Die
Zahl der aus ihr hervorgegangenen Gemälde ist ungewöhnlich groß. In einem Zeitraum von reichlich 20 Jahren ver-
sorgte Holbein die Kirchen und Klöster Augsburgs und zahlreiche andre Orte des südlichen Deutschlands mit kirch-
lichen Bildern. Noch vor dem Ende des 15. Jahrhunderts sehen wir ihn neben Burgkmair im Katharinenkloster zu
Augsburg beschäftigt, wo er für den Kreuzgang die Kirche St. Maria Maggiore und eine große Tafel in Spitzbogen-
format malte, welche in dreizehn Abteilungen die Krönung Mariä, Szenen aus der Leidensgeschichte Christi und die
Bildnisse der drei Stifterinnen Veronica, Walpurga und Christina Vetter enthält. Beide Bilder werden jetzt in der
königl. Gemäldegalerie zu Augsburg aufbewahrt.
In der städtischen Gemäldesammlung im Saalhof zu Frankfurt a. M. kann man den größten Teil des von
Holbein im Jahre 1501 für die dortige Dominikanerkirche gefertigten umfangreichen Altarwerks sehen. Er behandelte
auf diesen Gemälden den Stammbaum Christi, sowie den der Dominikaner, Christi Einzug in Jerusalem, die Vertrei-
bung der Geldwechsler aus dem Tempel, die Fußwaschung und Gethsemane. Das zu demselben Altarwerk gehörige
Abendmahl befindet sich in der Frankfurter Leonhardskirche. In den sieben Passionsbildern im Städelschen Institut
daselbst haben wir möglicher Weise die Flügel jenes Altars zu erblicken. Sie zeigen eine große Ähnlichkeit mit der
aus zwölf Bildern bestehenden Passionsfolge in der fürstlichen Galerie zu Donaueschingen. Hier wie dort war Holbein
bemüht, die Milde des göttlichen Dulders in schärfsten Gegensatz zu der Gemeinheit seiner Peiniger und Widersacher
zu setzen, die er deshalb möglichst häßlich gestaltete.
Die bedeutendsten kirchlichen Gemälde Holbeins besitzt die ältere Pinakothek zu München. Sechzehn der-
selben bildeten einst die Flügel des Hochaltars zu Kloster Kaisheim bei Donauwörth, welcher im Jahre 1502 im Auf-
trage des Abtes Georg aufgestellt wurde. In dem Inneren des Altars schilderte Holbein wiederum Szenen aus der
Passion Christi, auf der Außenseite aber behandelte er Ereignisse aus dem Leben der Maria. Zeigen jene die Vor-
liebe des Künstlers zur Übertreibung und zu äußerst drastischer Schilderung, so verraten diese ein Streben, in der
Darstellung der Frauen Anmut und ideale Schönheit zu erreichen.
Seit dem Jahre 1504 ist in Holbeins Werken ein entschiedener Fortschritt nach der angedeuteten Richtung
hin zu bemerken. Wodurch derselbe bewirkt worden ist, darüber sind die Ansichten der Forscher noch immer geteilt.
Während ihn die einen auf die Mitarbeiterschaft eines jüngeren Bruders Plans Holbeins, Namens Sigmund, der vom
Jahre 1504 bis 1510 stets mit Hans gemeinsam in den Steuerbüchern der Stadt Augsburg genannt wird, zurückge-
führt haben, nehmen andre namentlich bei den späteren Bildern an, daß die Unterstützung seines berühmten Sohnes
den auffallenden Umschwung herbeigeführt habe. Derselbe zeigt sich bereits in der wahrscheinlich im Jahre 1504 ent-
standenen Basilika St. Paul vor den Mauern, einem der Folge der Basilikenbilder im Katharinenkloster angehörigen
Gemälde, in welchem Begebenheiten aus dem Leben des Apostels Paulus dargestellt sind, in noch höherem Grade in
dem Votivbilde der Familie des hingerichteten Bürgermeisters Ulrich Schwartz vom Jahre 1508 und in der »H. Anna
selbdritt« vom Jahre 1512. Am überraschendsten aber wirkt er in dem in das Jahr 1516 verlegten Sebastiansaltar
in München, welcher den besten Schöpfungen der deutschen Kunst im 16. Jahrhundert zugezählt werden darf. Die
Größe der Auffassung, die Einfachheit und Reinheit der Zeichnung und die Vollendung der malerischen Ausführung
ist hier so bedeutend, daß gerade aus dem Sebastiansaltar die Anteilnahme des jüngeren Holbein an den Arbeiten
des Vaters hergeleitet werden konnte. Da jedoch der ältere Holbein eine gleiche Meisterschaft wie in diesem Ge-
mälde auch in seinen Handzeichnungen, die sich in Berlin, Basel und Kopenhagen befinden, entwickelt hat, liegt kein
Grund vor, seinen Anspruch auf die selbständige Urheberschaft des Sebastiansaltars zu verkürzen.
Um das Jahr 1516 verließ Holbein seine Vaterstadt, um für das Antoniterkloster Issenheim im Elsaß einen
Altar auszuführen. Seitdem hören wir nichts mehr von ihm und seiner Kunst. Er starb nach der Angabe des Augs-
burger Malerbuches im Jahre 1524 in der Fremde.

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