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Seidlitz, Woldemar von [Hrsg.]
Allgemeines historisches Porträtwerk: eine Sammlung von 600 Porträts der berühmtesten Personen aller Völker und Stände seit 1300 : mit biographischen Daten (Serie 8/9): Künstler und Musiker — München: Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.67413#0077
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Giorgio Vasari.
Geb. 3q. Juli 1511; gest. 27. Juni 1574.

Vasari wurde am 30. Juli 1511 zu Arezzo geboren. Er erhielt den ersten Unterricht in der Kunst
durch Guglielmo von Marseille und trat dann zu Andrea del Sarto und Michelangelo in Florenz in nähere Be-
ziehung, unter deren Anleitung er sich zum Maler ausbildete. Während der Belagerung von Florenz im Jahre 1529,
entfloh er aus der Stadt und begab sich nach Rom, um dort durch das Kopieren der großen Gemäldecyklen
Michelangelos und Raffaels seinen Stil zu entwickeln. Nach seiner eigenen Meinung brachte er es dabei ziemlich
weit, wie er überhaupt auf seine Gemälde großen Wert zu legen pflegte. Die Nachwelt hat diese Selbsteinschätzung
nicht als richtig anerkannt, sondern zählt Vasari zu jenen Künstlern, die, mit leidlicher Begabung ausgestattet, durch
ihre fingerfertige Massenproduktion und das mit derselben notwendig verbundene manieristische Verfahren den Be-
ginn des Verfalls herbeigefuhrt haben. Die meisten Bilder Vasaris entstanden im Auftrag der Medici zu Florenz
und der Päpste zu Rom. In Florenz schmückte er einen großen Saal des Palazzo Vecchio mit zahlreichen der
Geschichte der Medici entlehnten Fresken. Die Sala regia des Vatikans enthält gleichfalls historische Darstellungen
aus der Papstgeschichte von seiner Hand, in dem großen Saal der Cancellaria zu Rom aber schuf er in der kurzen
Zeit von hundert Tagen einen umfassenden Freskencyklus aus der Geschichte des Papstes Paul III.
Staffeleibilder des Künstlers sind heute noch in den Kirchen Roms, Neapels und Toscanas nicht selten,
zu finden. Als die bekanntesten sind zu nennen: »Das Gastmahl des Ahasverus« in der Akademie zu Arezzo,
»Das Abendmahl« in S. Croce zu Florenz, in welcher Kirche sich noch verschiedene andere Gemälde Vasaris be-
finden, und die »Enthauptung Johannes des Täufers« in der Johanniskirche zu Rom. Am meisten leistete Vasari im
Bildnis, z. B. in seinem Porträt Lorenzo Magnificos und in seinem Selbstporträt, beide in den Uffizien zu Florenz..
Einen weit höheren Rang wie die Gemälde Vasaris nehmen seine Bauten ein. Er erweist sich in ihnen
als der »echteste« Schüler Michelangelos, obwohl er nie von ihm auf dem Felde der Architektur eine eigentliche
Anleitung empfangen hat. Seine erste Beschäftigung mit der Baukunst fällt in das Jahr 1536, also in eine Zeit,,
wo Michelangelo in Rom thätig war. Vasari befand sich damals in Florenz und ließ sich, um den Herzog
Alessandro von Medici einen Gefallen zu erweisen, das Studium des Festungsbaues angelegen sein. In Florenz war
es auch, wo Vasari seine bedeutendsten Bauten aufführte. In seiner Selbstbiographie rühmt er sich mit besonderem
Nachdruck, daß er den Umbau des Palazzo Vecchio daselbst geleitet und die allerdings trefflich gelungene Deko-
ration der Sala del Consiglio angegeben habe. Wichtiger als diese Arbeit erscheint der Umstand, daß Vasari den
Auftrag erhielt, mehrere von Michelangelo begonnene Bauten zu vollenden. Zu diesen gehört die Biblioteca Lauren-
tiana in Florenz, deren merkwürdige Architektur bestimmend auf Vasaris ganze bauliche Thätigkeit einwirkte. Dies
zeigt sich am deutlichsten an seiner bedeutendsten Schöpfung, dem Palazzo degli Uffizi zu Florenz, welcher im
Jahre 1560 von ihm begonnen und von Alfonso Parigi vollendet wurde. Da die Bestimmung des Palastes für die
Aufnahme von ganz verschiedenen Bureaux einer Zentralanlage entgegen war, und da obendrein die Notwendigkeit
vorlag, bereits vorhandene Mauern mitzubenutzen, begnügte sich Vasari mit einem äußerst einfachen Grundriß und
legte das Hauptgewicht auf die Schaffung stattlicher Räume. Am besten gelang ihm die Anlage des Erdgeschoßes,,
welches nach Jakob Burckhardts Meinung als eine der schönsten Hallen Italiens anzusehen ist. Sie ist durchweg
mit geradem Gebälk überdeckt und zeigt nur in der hinteren Verbindungshalle eine imposante Wölbung.
Ziemlich umfassend erscheint die Thätigkeit, die Vasari als Baumeister in seiner Vaterstadt Arezzo und
in der Nachbarstadt Cortona, ferner in Pisa und Pistoja entwickelte. In Arezzo rührt von ihm, was allerdings
in neuester Zeit bezweifelt wird, die Kirche St. Fiora e Lucilla, ein dreischiffiges Langhaus mit einem rechtwinkligen
Chor, her, bei welcher er das schon an den Uffizien bemerkbare System des Stützenwechsels zur Anwendung brachte.
Dort errichtete er sich auch ein eigenes, bis heute wohl erhaltenes Haus.
Das Urteil der Sachverständigen über alle diese Bauten ist ein geteiltes. Mit Anerkennung wird im
Grunde einzig der Uffizien gedacht, während alle anderen künstlerischen Schöpfungen Vasaris mehr oder weniger
angefochten werden. Einstimmiges Lob genießen dagegen seine schriftstellerischen Arbeiten, in erster Linie seine
Künstlerbiographien, die als Quelle für die Geschichte der italienischen Renaissancekunst von unschätzbarem Werte
sind. Ihnen dankt Vasari seinen Weltruhm, der so lange bestehen wird, als die Menschheit die Größe jener
Kunstepoche bewundern wird.
Vasari starb zu Florenz am 27. Juni 1574.

Stich von P. A. Pazzi nach einem Selbstbildnis
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