ERSTER ABSCHNITT ■ MORITZ <I>
Am 5 Juni wurde der Reichtag eröffnet. Da beide Teile, der Kaiser und die
Schmalkaldner, in dem immer näher heranrückenden Kampfe, zu dem die kaiser-
liche Regirung um der endlichen Begründung ihrer Macht willen bereits entschlos-
sen war, sich um die Mithilfe von Moritz bewarben, suchte dieser mit seinen
Räten sich für alle Fälle zu sichern, da er bei dem Siege der einen wie der andern
Partei gleich viel Einbuße für seinen Besitzstand zu befürchten hatte. Nach lang-
wierigen Verhandlungen wurde er endlich von Granveile dazu vermocht sich auf
die Seite des Kaisers zu stellen, ohne daß ihm daraus der erhoffte Vorteil er-
wuchs, den er erst dann erringen konnte wenn er sich zu der Ausführung der
endlich am 20 Juni gegen den Kurfürsten ausgesprochnen Acht entschloß, ohne
jedoch selbst dann noch seines Lohnes voll versichert zu sein (siehe Anlage 12>.
DER SCHMALKALDISCHE KRIEG
Mitte Juli 1546 brach der Kampf aus. Die Schmalkaldner zogen gen Donau^
wört, wo sie sich mit den Augsburgern und den Ulmern zu einer stattlichen
Macht von 42000 Mann vereinigten. Wohl drang ein Teil davon bis zur Ehren-
bürger Klause, um gegen Trient zu stoßen,- doch fehlte es an der einheitlichen
Führung, so daß der Kaiser ein festes Lager bei Landshut beziehen konnte, um
den Zuzug päpstlicher und neapolitanischer Truppen zu erwarten. Vom August
bis zum November standen beide Parteien fast ohne Bewegung einander gegen-
über. Diese Zeit benutzte Moritz um mit Hilfe des mit Polen verschwägerten
Kurfürsten Joachim II von Brandenburg eine große Vereinigung Ostdeutschlands
womöglich mit den böhmischen Ständen vorzubereiten, die ihn instand setzen
sollte zunächst neutral zu bleiben und die Ausführung der Acht hinauszuschieben.
Erst am letzten September entschloß er sich mit seinem Bruder August und den
Räten nach Prag zu König Ferdinand zu gehen, um sich über das weitre Vorgehen
wegen der Achtsausführung zu verständigen, die ihm die böhmischen Lehen des
Kurfürsten Eilenburg, Kolditz und Leisnig eintragen sollte. Da er keine unmittel-
bare Zusicherung wegen der Kur erhalten hatte, mußte er gewärtig sein daß
ihm die Anwartschaft auf die kurfürstlichen Lande, die ihm für den Fall des
Aussterbens der Ernestiner zustand, bei einer Niederlage des Kurfürsten ver-
loren ginge, während dessen Sieg ihn um den eignen Besitz bringen konnte. Die
schwierige Lage, in der er sich befand, zeigte ihn noch nicht im Besitz jener Ruhe
und vollendeten, auf den eignen Vorteil bedachten Staatskunst die ihn später
auszeichnete. Weder die Beständigkeit des Bekenntnisses, die Johann Friedrichs
Tun bestimmte, noch ein Erkennen der Vorteile, die ihm ein Zusammengehn mit
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Am 5 Juni wurde der Reichtag eröffnet. Da beide Teile, der Kaiser und die
Schmalkaldner, in dem immer näher heranrückenden Kampfe, zu dem die kaiser-
liche Regirung um der endlichen Begründung ihrer Macht willen bereits entschlos-
sen war, sich um die Mithilfe von Moritz bewarben, suchte dieser mit seinen
Räten sich für alle Fälle zu sichern, da er bei dem Siege der einen wie der andern
Partei gleich viel Einbuße für seinen Besitzstand zu befürchten hatte. Nach lang-
wierigen Verhandlungen wurde er endlich von Granveile dazu vermocht sich auf
die Seite des Kaisers zu stellen, ohne daß ihm daraus der erhoffte Vorteil er-
wuchs, den er erst dann erringen konnte wenn er sich zu der Ausführung der
endlich am 20 Juni gegen den Kurfürsten ausgesprochnen Acht entschloß, ohne
jedoch selbst dann noch seines Lohnes voll versichert zu sein (siehe Anlage 12>.
DER SCHMALKALDISCHE KRIEG
Mitte Juli 1546 brach der Kampf aus. Die Schmalkaldner zogen gen Donau^
wört, wo sie sich mit den Augsburgern und den Ulmern zu einer stattlichen
Macht von 42000 Mann vereinigten. Wohl drang ein Teil davon bis zur Ehren-
bürger Klause, um gegen Trient zu stoßen,- doch fehlte es an der einheitlichen
Führung, so daß der Kaiser ein festes Lager bei Landshut beziehen konnte, um
den Zuzug päpstlicher und neapolitanischer Truppen zu erwarten. Vom August
bis zum November standen beide Parteien fast ohne Bewegung einander gegen-
über. Diese Zeit benutzte Moritz um mit Hilfe des mit Polen verschwägerten
Kurfürsten Joachim II von Brandenburg eine große Vereinigung Ostdeutschlands
womöglich mit den böhmischen Ständen vorzubereiten, die ihn instand setzen
sollte zunächst neutral zu bleiben und die Ausführung der Acht hinauszuschieben.
Erst am letzten September entschloß er sich mit seinem Bruder August und den
Räten nach Prag zu König Ferdinand zu gehen, um sich über das weitre Vorgehen
wegen der Achtsausführung zu verständigen, die ihm die böhmischen Lehen des
Kurfürsten Eilenburg, Kolditz und Leisnig eintragen sollte. Da er keine unmittel-
bare Zusicherung wegen der Kur erhalten hatte, mußte er gewärtig sein daß
ihm die Anwartschaft auf die kurfürstlichen Lande, die ihm für den Fall des
Aussterbens der Ernestiner zustand, bei einer Niederlage des Kurfürsten ver-
loren ginge, während dessen Sieg ihn um den eignen Besitz bringen konnte. Die
schwierige Lage, in der er sich befand, zeigte ihn noch nicht im Besitz jener Ruhe
und vollendeten, auf den eignen Vorteil bedachten Staatskunst die ihn später
auszeichnete. Weder die Beständigkeit des Bekenntnisses, die Johann Friedrichs
Tun bestimmte, noch ein Erkennen der Vorteile, die ihm ein Zusammengehn mit
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