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Semper, Gottfried
Vorläufige Bemerkungen über bemalte Architectur und Plastik bei den Alten — Altona, 1834

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https://doi.org/10.11588/diglit.24868#0026
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in mannigfaltigen Verbindungen gemeinsam im Chor zu
wirken.
Der Architekt war Chorage, er führte sie an; sein
Name schon sagt es. Er ward gewählt aus der Mitte
der Künstler, weniger wegen durchgreifender Meister-
schaft in allen künstlerischen Vorzügen, sondern vielmehr
wegen der besonderen Gabe des Ueberblicks, des Ver-
theilens der Kräfte, des richtigen Auges für Verhältniss
und Oeconomie der Mittel. So überschauete er mit un-
partheiischem, noch nicht durch Theorienwesen geschwäch-
tem Auge das Ganze und fand willigen Beistand von al-
len Künstlern, die noch nicht zu Decorationsmalern und
Stukaturarbeitern sich herabwürdigten, wenn sie dem Ar-
chitecten gehorchten.
Die Baukunst, solchergestalt als Inbegriff der Kün-
ste überhaupt bezeichnet, machte, (so sehr auch diese
Behauptung den herkömmlichen Ansichten widersprechen
mag) auf ihrer stufenweisen Ausbildung keineswegs einen
Uebergang vom Einfachen in’s Reichere und vom Rei-
chen in’s Ueberladene. Sie war vielmehr sehr frühe, seit
ihrer Kindheit, bei aller Einfachheit der Grundformen höchst
geschmückt und glänzend. Dieser glänzende Chaos ent-
wirrte sich. Es entstand Ordnung und Styl, das ordnende
Gesetz, von tyrannischen Zünften gehandhabt, herrschte
lange, finster und strenge, ehe der freiere Genius es wagte
die veralteten Formen, die Schranken des Mittelmässigen
zu überschreiten. Der erwärmende Genius, brachte Reife,
Fülle und Freiheit, in der sich die Kunst aus dem wim-
 
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