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Semper, Gottfried
Vorläufige Bemerkungen über bemalte Architectur und Plastik bei den Alten — Altona, 1834

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https://doi.org/10.11588/diglit.24868#0058
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Iung von Gold und Farben in die gehörige Haltung ge-
bracht. Erst so konnte die Säule mit dem ganzen reich-
farbigen vergoldeten Forum, den Porphyrgesimsen und
den grünmarmornen Säulen des Tempels in Harmonie
treten, so wie mit der Säule die goldene Bronzestatue.
Der Scirokko und häufiger Regen, den dieser böse Dae-
mon Roms herüberfuhrt, hat die Südwestseite der Säule
ihrer Farbendecke gänzlich beraubt, indess sie sich gegen
Norden am besten erhalten hat. Das Umgekehrte ist
der Fall in Athen, wo alle Tempel gegen Süden erhalten
sind, indess der scharfe Zahn des Nordwindes die ihm
blossgestellte Seite gebleicht und angefressen hat. Der
schöne goldne Glanz der Tempel Athens ist nicht Folge
des Einflusses der Sonnenstrahlen, wie man fälschlich
annahm, sondern die Spur der vormaligen Farbendecke,
die überall an der Sonne eine warme goldgelbe Farbe, in
den Winkeln aber ein finsteres Schwarz angenommen hat.
Unter dieser schwarzen Kruste finden sich beim Nach-
suchen stellenweis die ganz frisch erhaltenen Farben. *)
Der Verfasser sieht sich durch die in mehreren Blät-
tern Deutschlands, ohne sein Wissen gemachten Mitthei-

*) Schwerlich würde sich eine einzige Form der Architectur
und Plastik aus dem Alterthum rein erhalten haben, hätte
nicht der Stein durch die unverwüstliche Farbenkruste, die
aus Kieselerde zu bestehen scheint, Schutz gegen die schar-
fen Agenzien der Luft, des Regens und der Elektrizität
gefunden. Man vergleiche, was der grosse Englische Che-
miker Humphry Davy hierüber in dem fünften Dialog seiner
tröstenden Betrachtungen auf Reisen sagt.

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