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Semper, Gottfried
Vorläufige Bemerkungen über bemalte Architectur und Plastik bei den Alten — Altona, 1834

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https://doi.org/10.11588/diglit.24868#0060
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schöpfen, denn sie sind diesen Mustern alle ohne Aus-
nahme mehr oder weniger nachgebildet.*)
Mit einiger Aufmerksamkeit und Critik lässt sich
das entlehnte antike Motiv leicht auffinden. Man achte
nur auf die Vorliebe des Mittelalters zu den beiden Farben,
Roth und Blau, die durch die Vermittelung von Gold,
Grün und Violett in Einklang gebracht werden; auf das
Verfahren, die Grundformen der Architectur, das Gerüste
roth zu färben, wie bei der Antike, und dagegen das
Zurücktretende und eine Leere dcusteilende, blau erscheinen
zu lassen u. s. w.
Aber auch auf den Wandgemälden und Darstel-
lungen des Mittelalters findet man oft abgebildete Monu-
mente, die über den damaligen Zustand der Baukunst
und über die Art, wie man zu jenen Zeiten die Antike
sah und verstand, die interessanteste Auskunft geben.
Die Fresken von Pintoricchio im Vatican enthalten in
einer Art von Verbindung von Malerei und Skulptur, **)

*) Denken wir uns die Antike vielfarbig, so tritt sie in die
Verwandschaft der orientalischen Kunst und der des Mittel-
alters. Sonst erscheint sie uns ganz aus dem Zusammen-
hänge gerissen und unerklärlich. Die monochrome Antike
würde ein Phänomen seyn, das aller geschichtlichen Her-
leitung entbehrte. Sie würde nicht anders erklärlich seyn,
als durch eine plötzliche Verwirklichung philosophischer Ab-
stractionen bei den Griechen, die erst spätem Ursprungs
sind.
**) Aehnliches findet man bei den älteren Venezianern.
 
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