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Semper, Gottfried
Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten oder praktische Ästhetik: ein Handbuch für Techniker, Künstler und Kunstfreunde (Band 1): Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst — Frankfurt a.M., 1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.1299#0055
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10 Zweites Hauptstück.

Nach diesen vier Kategorieen der Stoffe, die in Betracht kom-
men, unterscheiden sich nun auch die vier Haupthethätigungen
des Kunstfleisses, insofern nämlich dieser durch geringere oder
grössere Mühen und technische Proceduren dahin gelangt, den
Rohstoff je nach seiner Qualifikation einem bestimmten Zwecke
dienstbar zu machen.

Demnach theilen sie sich in folgende Klassen:

1) textile Kunst,

2) keramische Kunst,

3) Tektonik (Zimmerei),

4) Stereotomie (Maurerei etc.).

Dieser hier gegebenen Eintheilung muss die für das Folgende
durchaus nothwendige Erklärung beigefügt werden, dass jede Ab-
theilung derselben in ihrem umfassendsten Sinne zu nehmen sei,
woraus dann vielfältige Wechselbeziehungen zwischen ihnen her-
vorgehen, die hervorzuheben und zu verfolgen Aufgabe sein wird.
Jeder der genannten Abtheilungen der Technik gehört ein gewisses
Gebiet im Reiche der Formen eigen an, deren Hervorbringung
gleichsam die natürlichste und ursprünglichste Aufgabe dieser
Technik ist. Zweitens ist jeder Technik ein bestimmter Stoff
gleichsam als Urstoff eigen, der zu der Hervorbringung der zu
seinem ursprünglichen Bereiche gehörigen Formen die bequemsten
Mittel bietet. Nun aber gelangte man später dahin, jene Formen
auch aus anderen Stoffen zu bilden und jene Stoffe zu anderen
einer heterogenen Abtheilung der Künste ursprünglich angehörigen
Bildungen zu verwenden. Derartige Bildungen sind also in sti-
listischer Beziehung beiden Gebieten der Technik zuzurechnen,
je nachdem man das Formelle oder das Stoffliche an ihnen be-
rücksichtigt.

So beschränkt sich die Keramik in ihrer allgemeineren Auf-
fassung nicht auf Thongefässe allein, sie schliesst in sich die ge-
sammte Gefässkunde; sie umfasst auch die verwandten Glas-,
Stein- und Metallwaaren. Auch Holzfabrikate können dem Stile
nach diesem Genus als besondere Familie zugerechnet werden,
z. B. Tonnen, Holzeimer u. dgl. Selbst textile Arbeiten, wie die
Körbe, stehen in dieser Beziehung mit der Keramik in stilver-
wandtschaftlichem Rapporte.

Dagegen können Gegenstände, die allerdings in materieller
Hinsicht den keramischen Künsten angehören, insofern ein Bilden
 
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