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Semper, Gottfried
Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten oder praktische Ästhetik: ein Handbuch für Techniker, Künstler und Kunstfreunde (Band 1): Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst — Frankfurt a.M., 1860

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.1299#0361
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316 - Viertes Hauptstück.

Eine Menge von Architekten und Kunsttechnikern wurden
herbeigezogen um das Werk zu vollenden das, wie es scheint,
nicht durchweg aus Holz, sondern an seiner Basis aus Ziegeln
bestand. Diese Basis betrug ein Stadium (600 Fuss) im Quadrat
und war in 30 (36?) Gemächer getheilt. Oben war sie mit-Palm-
stämmen gedeckt. Auf dieser Plattform erhoben sich fünf Etagen
und auf der letzten standen kolossale Syrenen,. welche hohl
waren und den Schall der in ihrem Innern verborgenen Sänger*
die das Todtenlied sangen, vervielfachten. Die ganze Höhe be-
trug 150 Ellen oder circa 225' Fuss. Alle Etagen waren mit
Bildwerken und Draperien bekleidet. Zu unterst kolossale gol-
dene Schiffsschnäbel 240 an der Zahl und auf den Ruderbänken
derselben je zwei Bogenschützen in knieender Position und ge-
harnischte Krieger, fünf Ellen hoch. "Die Zwischenräume waren
mit zottigen Draperien in Purpurfarbe verhängt. Diese waren
also zehn Fuss breit.

Die zweite Etage war mit Fackeln verziert, 15 Ellen lang.
Am Handgriffe hingen goldene Kränze, und, wo die Flamme ist,
senkte sich ein Adler ;herab. Am Fussende aber richteten sich
Drachen gegen den Adler empor. Diese Embleme waren wahr-
scheinlich an einem Hintergrunde aus reichen Stoffen befestigt.

Die dritte Etage war mit Draperien verhängt die einen Fries
von Jagden und Thieren aller Art bildeten. Der vierte Absatz
enthielt einen Centaurenkämpf in Gold gearbeitet und der fünfte
eine sich wiederholende Gruppe eines Löwen mit einem Stiere.
Den sechsten letzten Absatz endlich bedeckten makedonische und
barbarische Waffen. Die Kosten betrugen 12,000 Talente, circa
12,000,000 Thaler.

Bei diesem Baue, dessen Dekoration wenig griechische Ele-
mente zeigt, schwebte dem makedonischen Todtenspender viel-
leicht das Vorbild der chaldäisch-assyrischen Beluspyramiden vor
Augen. (Siehe weiter unten und im zweiten Theile Assyrien.)

Ein Seitenstück zu dieser grossartigen Bestattung ist die uns
durch Herodians - Bericht unter vielen ähnlichen genauer be-
kannte Consekration des Kaisers Septimius Severus.

Sieben Tage lang dauert die Todtenfeier in dem Vestibulum
des Kaiserpalastes, in welchem sein wächsernes Bildniss in Gold-
gewändern auf elfenbeinernem Läger zur Schau steht, und zwar

1 Herodianus IV. 2, r
 
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