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Semper, Gottfried
Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten oder praktische Ästhetik: ein Handbuch für Techniker, Künstler und Kunstfreunde (Band 1): Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst — Frankfurt a.M., 1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.67642#0062
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12

Zweites Hauptstück.

Verbindung mit der Tektonik und dem Bekleidungsprinzipe
auftritt.
Unter den Stoffen, die der Mensch seinen Zwecken dienstbar
macht, ist das Metall dasjenige, welches alle oben aufgezählten
Eigenschaften der Rohstoffe in sich vereinigt; es ist plastisch
erweichbar und erhärtungsfähig, es ist biegsam, zäh,
dem Zerreissen in hohem Grade widerstehend, es ist sehr
elastisch und von bedeutender relativer Festigkeit
(obschon diess wegen zu grosser Elasticität und Biegsamkeit seine
schwächste Eigenschaft ist) und daher zu Stabkonstruktionen sehr
nutzbar; es ist endlich fest, von sehr homogenem und dichtem
Aggregatzustände, dem Zerdrücken zum Theil ungeheuren
Widerstand leistend und in Folge dieser Eigenschaften mehr als ein
anderer Stoff geeignet, sich durch Abnehmen von Theilen der Masse
zu gewünschter Form bearbeiten und zu festen Systemen verbinden
zu lassen. In Folge dieser allseitigen Behandlungsfähigkeit ver-
einigt die Metallotechnik in sich alle vier Klassen der Technik.
Dabei schliesst sie eine Fülle von übergänglichen technischen
Processen in sich ein, wie sie bei keinem anderen Materiale vor-
kommen. So führt z. B. die Malleabilität der Metalle zu dem
wichtigen Processe des Treibens. Davon verschieden ist der
Process des Schmiedens, ein Uebergang zwischen dem Ver-
fahren, das Metall als biegsam zähe Masse und demjenigen, es
als dichten Körper stereotomisch zu behandeln. Andere Processe
sind das Prägen und Münzen, das L ö t h e n, das Schweissen,
das Nieten, die ebenso vielen stilistischen Besonderheiten ent-
sprechen. Dazu kommen komponirte Processe, wie das Emailliren,
das Nielliren, das Vergolden und viele andere, die alle für sich
betrachtet werden müssen und in Berücksichtigung des Einflusses,
den sie auf die bildenden Künste und auf die Baukunst im Be-
sonderen haben, für uns sehr wichtig sind.
Wegen dieser grossen Bedeutung der Metallotechnik in den
Künsten und der Schwierigkeit, die sich in der Rubricirung der
genannten und noch anderei' nicht genannter Processe des Metall-
arbeitens unter die oben aufgestellten vier allgemeinen Klassen
darbieten möchten, wird es nöthig sein, der Metallotechnik eine
besondere Rubrik zu widmen.
 
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