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Semper, Gottfried
Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten oder praktische Ästhetik: ein Handbuch für Techniker, Künstler und Kunstfreunde (Band 1): Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst — Frankfurt a.M., 1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.67642#0239
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Textile Kunst. Processe. Geflecht.

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wie diess die Weberei bedingt, sondern dass auch diagonale und
nach allen Richtungen laufende Fäden in die Textur eingefloch-
ten werden können. Dieser Vorzug soll in dem Geflechte
auf alle Weise behauptet, scheinbar gemacht, zum
Charakteristicum erhoben werden.
Die Kunst des Bereitens der Decken aus Rohrgeflechten ist
uralt und hat seit den Zeiten des alten Reiches der Pharaonen
keine wesentlichen technischen Fort-
schritte gemacht; in der ästhetischen
Auffassung des Motives waren dage-
gen die damaligen Aegypter, sind noch
jetzt die Irokesen Nordamerikas und
manche andere Wilde und Halbwilde


Aegyptisches Geflecht,
unbefangener, glücklicher und sinnreicher als wir heutigen Euro-
päer mit unserer bewunderten mechanischen Allmacht.
Das Mattengeflecht bringt geometrische Muster von reichster
Abwechslung hervor, vorzüglich" wenn die Elemente durch Farben-
wechsel und in der Breitenausdehnung variiren. Es war immer
ein sehr fruchtbares Motiv der Flächendekoration schon bei den
Aegyptern und Assyriern, deren glasirte Ziegelwände oft nach
dem Vorbilde der Mattengeflechte gemustert waren, zumal zur
Zeit der spätem Dynastieen des assyrischen Reichs (Khorsabad,
Kuyundshik.) Wohl aus uralter Ueberlieferung wird dasselbe
in dem asiatisirenden byzantinischen Baustil und in den ver-
schiedenen Verzweigungen des arabischen Baustils bis zum
Uebermass benützt. Die höchste Ausbildung erhielt es in Spanien
 
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