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Semper, Gottfried
Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten oder praktische Ästhetik: ein Handbuch für Techniker, Künstler und Kunstfreunde (Band 1): Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst — Frankfurt a.M., 1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.67642#0277
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Textile Kunst. Das Prinzip dei- Bekleidung’ in der Baukunst. 227
diese meines Erachtens höchst wichtige Frage seit langer Zeit
beschäftigte, beweisen meine Andeutungen über dieselbe, die in
kleineren von mir theils in deutscher theils in englischer Sprache
veröffentlichten Schriften enthalten sind. 1
§•60.
Das ursprünglichste auf den Begriff Raum fussende formelle Princip in der
Baukunst unabhängig von der Konstruktion. Das Maskiren der Realität in
den Künsten.
Die Kunst des Bekleidens der Nacktheit des Leibes, (wenn
man die Bemalung der eigenen Haut nicht dazu rechnet, wovon
oben die Rede war,) ist vermuthlich eine jüngere Erfindung als
die Benützung deckender Oberflächen zu Lagern und zu räum-
lichen Abschlüssen.
Es gibt Stämme deren Wildheit eine ursprünglichste zu sein
scheint, die keinerlei Bekleidung kennen, denen aber die Be-
nützung von Fellen und sogar eine mehr oder minder entwickelte
Industrie des Spinnens, Flechtens und Webens, die sie zur Ein-
richtung und Sicherung ihres Lagers anwenden, nicht unbe-
kannt ist.
Mögen klimatische Einflüsse und andere Verhältnisse hin-
reichen diese kulturgeschichtliche Erscheinung zu erklären und
mag aus ihr nicht unbedingt hervorgehen dass diess der nor-
male überall gültige Gang der Civilisation sei, immer bleibt ge-
wiss dass die Anfänge des Bauens mit den Anfängen
der Textrin zusammenfallen.
Die Wand ist dasjenige bauliche Element, das den ein ge-
schlossen en Raum als solchen gleichsam absolute und
ohne Hinweis auf Seitenbegriffe formaliter vergegenwärtigt und
äusserlich dem Auge kenntlich macht.
Als früheste von Händen produzirte Scheidewand, als den ur-
sprünglichsten vertikalen räumlichen Abschluss den der Mensch
e rfan d, möchten wir den Pferch, den aus Pfählen und Zweigen
1 Die vier Elemente der Baukunst, Braunschweig 1851. — On the Origin
of Polychromy in Architecture in der Schrift: An apology for the colouring
of the Greek Court by Owen Jones als Anhang. Crystal Palace Library. 1854.
— On the study of Polychromy and its revival in the Museum of Classical
Antiquities No. III. July 1851 London, John W. Parker and Son.
 
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