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Semper, Gottfried
Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten oder praktische Ästhetik: ein Handbuch für Techniker, Künstler und Kunstfreunde (Band 1): Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst — Frankfurt a.M., 1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.67642#0463
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Textile Kunst. Aegypten. Altes und neues Reich. 413

Diess ist das älteste Beispiel von Mosaikbekleidung der Wand-
flächen und meines Wissens das einzige welches in Aegypten gefun-
den worden ist, daher wohl der ihm hier gewordenen Notiz würdig.

Gräber des alten Reichs.

Die Grabkammern rings um die Pyramidengruppe von Gizeh,
zum Theil von gleich hohem Alterthum wie die Pyramiden,
jedenfalls derselben Kulturperiode Aegyptens angehörig, sind in
mehrfacher Beziehung interessant. Sie sind aus gelblich weissen
libyschen Kalksteinquadern massiv ausgeführt, aber die eigent-
liche Versteinerung des Motives der holzverkleideten Lehmwand
hatte sich bei ihrer Erbauung noch nicht vollendet. Die Thür-
stürze sind kräftige, runde Balken aus Stein, die Decken und
vorspringenden Simse bestehen aus runden Palmstämmen 5 die
Fagaden sind ein in Stein skulptirtes Gefüge von Brettern und
Lattenwerk, in Putz genauer ausgeführt und mit dem grellsten
Farbenwechsel bemalt. So zeigen sie sich in Natura und auf den
Darstellungen. 1
Der Rückblick auf den ältesten
Fagadenschmuck Chaldäas, den wir
schon kennen, zeigt unw
dessen Verwandtschaft mit dieser
merkwürdigen Holzbekleidungs-
architektur, ausgeführt in stuck-
überzogenem Steine. Zugleich ge-
mahnen beide an Aehnliches was
sich in Lykien und selbst in dem
alten Hetrurien findet. —
Ueber die Malerei und Skulp-
tur auf diesen Gräbern, deren all-
gemeinen nicht symbolisch-mysti-
schen sondern einfach darstellenden Stil ich schon kurz be-
zeichnete, bemerke ich noch dass in den frühen Zeiten aus wel-
chen die ältesten Gräbergrotten stammen das relief en creux


1 Vde. Lepsius Briefe und dessen grosses Kupferwerk. Wilkinson II.
pag. 115. Aus dieser Holzbekleidungsnachahmung in Stucco ging dann auch
ein Stil der Wanddekoration hervor der ebenfalls in den chaldäischen Wand-
verzi uungen (zu Wurka und sonst) sich wiederholt, nämlich das Füllungs-
werk. Siehe die Abbildung eines Hauses bei Wilkinson, Vol. II, p. 131.
 
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