Textile Kunst. Aegyptische Säulenordnungen. 389
Gefangene und dergl. durchsetzt wird und sich triglyphenartig gestaltet.
Dann das Bandgeflecht der Rundstäbe, welche die Mauerflächen einfassen,
das Lotosornament auf dem schwarzen Grunde der Sockelplatten der
Gebäude, das übrigens ebenfalls schon hieroglyphisch geworden ist, und
wenige andere.
Es ist ein sehr verbreiteter Wahn, den starren hieratischen Stil
Aegyptens als etwas Ursprüngliches, gleichsam als das Windelband der
Kunst, zu betrachten, aus dessen Fesseln sich Aegypten niemals habe
befreien können, aus welchem aber ein Aufschwung zu freier Kunst
möglich sei, welchen Schritt die Griechen zuerst gewagt hätten. Die
Sache verhält sich umgekehrt.
Langsamwirkende tausendjährige Einflüsse vollendeten dieses Werk
der Versteinerung; bereits zur Zeit der Pyramidenerbauer war sie weit
vorgeschritten und wir erkennen an den ältesten Monumenten nur noch
die Spuren einer schon im Erstarrungsprozesse begriffenen frischeren
Kunst, die freilich auf früher Entwicklungsstufe bereits dem Typhon,
dem versteinernden Wüstendämon für immer und unrettbar anheimgefallen
war. Auf jener frühen Entwicklungsstufe hatte sie verwandtschaftliche
Züge mit derjenigen Kunst, die in Westasien noch in späterer Zeit sich
erhielt und die auch in dem vorgeschichtlichen Hellas einheimisch war,
woselbst sie das günstige Klima und den Boden zu voller Entwicklung
fand, — nicht ohne Einfluss von Aegypten her, oder doch wenigstens
nicht ohne Beimischung eines hierarchisch-ägyptisirenden Elements, das
vielleicht ganz unabhängig von Aegypten aus hellenischem Boden hervor-
ging, und eine Periode hindurch, die keineswegs die erste Frühperiode
der griechischen Kunst war, gefahrdrohend für sie wurde. Aber ionischer
Geist bändigte glücklich den versteinernden aristokratischen Dämon bis
zu dem, für sein formales Schaffen nothwendigen, ihm nicht ursprünglich
eingeborenen, Takte für Mass und Gesetzlichkeit.
§• 76.
Säulenordnungen.
In den Säulen und dem von ihnen Getragenen tritt der Prinzipien-
gegensatz zwischen früh-ägyptischer und pharaonischer Kunst noch schärfer
hervor, obwohl, wie schon bemerkt worden ist, das früheste, was Aegypten
an Werken der Kunst aufzuweisen hat, bereits den Uebergang zu dem
späteren Stile bezeichnet.
Gefangene und dergl. durchsetzt wird und sich triglyphenartig gestaltet.
Dann das Bandgeflecht der Rundstäbe, welche die Mauerflächen einfassen,
das Lotosornament auf dem schwarzen Grunde der Sockelplatten der
Gebäude, das übrigens ebenfalls schon hieroglyphisch geworden ist, und
wenige andere.
Es ist ein sehr verbreiteter Wahn, den starren hieratischen Stil
Aegyptens als etwas Ursprüngliches, gleichsam als das Windelband der
Kunst, zu betrachten, aus dessen Fesseln sich Aegypten niemals habe
befreien können, aus welchem aber ein Aufschwung zu freier Kunst
möglich sei, welchen Schritt die Griechen zuerst gewagt hätten. Die
Sache verhält sich umgekehrt.
Langsamwirkende tausendjährige Einflüsse vollendeten dieses Werk
der Versteinerung; bereits zur Zeit der Pyramidenerbauer war sie weit
vorgeschritten und wir erkennen an den ältesten Monumenten nur noch
die Spuren einer schon im Erstarrungsprozesse begriffenen frischeren
Kunst, die freilich auf früher Entwicklungsstufe bereits dem Typhon,
dem versteinernden Wüstendämon für immer und unrettbar anheimgefallen
war. Auf jener frühen Entwicklungsstufe hatte sie verwandtschaftliche
Züge mit derjenigen Kunst, die in Westasien noch in späterer Zeit sich
erhielt und die auch in dem vorgeschichtlichen Hellas einheimisch war,
woselbst sie das günstige Klima und den Boden zu voller Entwicklung
fand, — nicht ohne Einfluss von Aegypten her, oder doch wenigstens
nicht ohne Beimischung eines hierarchisch-ägyptisirenden Elements, das
vielleicht ganz unabhängig von Aegypten aus hellenischem Boden hervor-
ging, und eine Periode hindurch, die keineswegs die erste Frühperiode
der griechischen Kunst war, gefahrdrohend für sie wurde. Aber ionischer
Geist bändigte glücklich den versteinernden aristokratischen Dämon bis
zu dem, für sein formales Schaffen nothwendigen, ihm nicht ursprünglich
eingeborenen, Takte für Mass und Gesetzlichkeit.
§• 76.
Säulenordnungen.
In den Säulen und dem von ihnen Getragenen tritt der Prinzipien-
gegensatz zwischen früh-ägyptischer und pharaonischer Kunst noch schärfer
hervor, obwohl, wie schon bemerkt worden ist, das früheste, was Aegypten
an Werken der Kunst aufzuweisen hat, bereits den Uebergang zu dem
späteren Stile bezeichnet.