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Semper, Gottfried
Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten oder praktische Ästhetik: ein Handbuch für Techniker, Künstler und Kunstfreunde (Band 1): Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst — München: Bruckmann, 1878

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https://doi.org/10.11588/diglit.66814#0439
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Textile Kunst. Aegyptische Säulenordnungen.

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artigen Doppelreihe von Triumphalsäulen auf, die zu dem zweiten inneren
Vorhof des Tempels von Luxor führt, ein W^rk Amenophis III. 1
Diese Form wandte das alte Aegypten für monumentale Zwecke

nicht an, wenigstens

haben sich keine Spuren davon aus der Zeit des


alten Reichs erhalten; dafür begegnen wir auf
diesem Gebiete zwei andern Säulenformen, wo-
von die eine den absoluten Gegensatz der pha-
raonischen Kelchsäule bildet, die zweite aber
gleichsam die Knospe und der Ansatz zu letz-
terer ist, eine entschiedene Uebergangsform.
Bei der ersten, der sogenannten protodorischen


Säulen mit kelchförmigem Kapitale.

Ordnung, tritt das struktive Element als alleinig formengebend auf. Ein
straff kannelirter, verjüngter, auch mitunter walzenförmiger Schaft, in

1 Die Säulen mit kelchförmigem Kapitale .sind zuerst in Wirklichkeit nur Bal-
dachinträger und gleichsam von der eigentlichen Tempelanlage noch unabhängig. Sie
bezeichnen den heiligen Dromos, den Weg der Prozession, die unter dem Schatten der
von ihnen getragenen Schutzdecken dahinzieht. So zu Luxor, so in dem ungefähr
gleich alten Memnonium Rhamses II., so auch in dem Vorhofe des Tempels zu Karnak.
Alle eigentlichen Steindeckenträger sind im Gegensatz zu jenen Baldachinträgern ent-
weder von der sogenannten protodorischen Ordnung oder sie haben Kapitale in Lotos-
knospenform.
 
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