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Semper, Gottfried
Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten oder praktische Ästhetik: ein Handbuch für Techniker, Künstler und Kunstfreunde (Band 2): Keramik, Tektonik, Stereotomie, Metallotechnik für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst — München: Bruckmann, 1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.66815#0111
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Keramik. Gefässtheile.

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vorbiegende, Blätterkronen am besten und verständlichsten ausge-
drückt wird.
Der Hals ist also je nach der Auffassung desselben einfach oder
zweigetheilt; in letzterem Falle gliedert er sich an der Stelle seiner
Verengerung, wo also eine Verknüpfung (Astragal, Tänie u. dergl.)
an ihrer Stelle ist. (Siehe die Kalpis S. 45 und die später folgende
auf S. 99.) Der weibliche Halsschmuck scheint wirklich den Bildnern
und Malern der Gefässe bei der Ausstattung der Gefässhälse als Vorbild
vorgeschwebt zu haben. Wieder ein Beispiel der vielfachen Beziehungen
zwischen der Kunstsymbolik und
dem frühen Streben, seinen Leib zu
zieren.
Wo der Hals sich auf den
Rumpf des Gefässes aufsetzt, ist
natürlich wieder eine Gliederung,
die sich, in einer der früher bespro-
chenen ähnlichen Weise, mehr oder
minder entschieden ausspricht. Selten
fehlt hier der Ringschmuck ganz,
wenn auch nur in leichter Andeu-
tung als gemalter Reifen, oder als
Band. Auch hier wie bei dem Fusse
ist der Ursprung dieses Schmuckes
zugleich technisch begründet.
Passend gestaltet sich dieses
bindende Glied zugleich als Ablauf,
weil hier der Hals endet und auf
dem Rumpfe fusst. Oft stehen beide
Symbole getrennt neben einander,
nämlich die Verknüpfung und der Ablauf. Letzterer kann folgerichtig
nur mit ablaufenden Formen, Eierstäben, Blättern und dergl. verziert
werden. —
Auch darin zeigt sich die nahe Beziehung des Halses zum Fusse,
dass ersterer mitunter sich bis zu der grössten Weite des Rumpfes
herabzieht und sich gleichsam wie eine Kapsel, oder als umgekehrtes
Becken, über deren oberen Theil verhüllend legt, entsprechend dem auf-
nehmenden aufrechten Becken des Fusses (s. oben).
Dieses Schulterstück (^paule), das sich mit einer Naht an den
Rumpf anschliesst, ist nicht eigentlich Theil des Halses, es hat sein
Semper, Stil. II. 7

Prachtkrater auis Calvi.
(M. inecl. Vol. V. Taf. 73.)
 
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