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Sethe, Kurt [Hrsg.]
Zur Geschichte der Einbalsamierung bei den Ägyptern und einiger damit verbundener Bräuche — Berlin, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.14143#0001
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211

Zur Geschichte
der Einbalsamierung bei den Ägyptern
und einiger damit verbundener Bräuche.

Von Kurt Sethe,
i.

Mit dem alten Ägypten verbindet sich für uns fast unzertrennbar auch die
Vorstellung von der Konservierung der Leichen in Gestalt der »Mumie«, die
mit Recht als eine Folge oder Begleiterscheinung des Auferstehungsglaubens
der Ägypter angesehen wird. In der Tat ist denn auch die Sitte, die Leichen
so zu behandeln, daß die verweslichen Teile erhalten bleiben, bis in sehr
frühe Zeiten der ägyptischen Geschichte zurückzuverfolgen, wenn sie auch
bis in die Zeit der Pyramidenerbauer keineswegs allgemein üblich gewesen
ist, sondern auf den König und seine nächsten Angehörigen beschränkt
gewesen zu sein scheint und erst später, wie andere königliche Vorrechte,
wie z. B. die Identifikation mit dem Gott Osiris, auch auf andere Sterbliche
angewendet worden ist. Sie ist auch erst im Laufe der Zeit in allmählicher
Vervollkommnung zu der Kunst entwickelt worden, in der sie uns in den
späteren Zeiten der Geschichte entgegentritt.

Die ägyptische Sprache enthält auch noch in dem Worte für »bestatten«,
»begraben« krs (kopt. riowc) ein deutliches Zeugnis dafür, daß ursprünglich
eine Bestattung bei den Ägyptern üblich gewesen ist, bei der die Leichen zu
einem Gerippe wurden. Es wird nicht nur mit dem Zeichen für Knochen
geschrieben, sondern hängt auch etymologisch mit ks »Knochen« (kopt. k^c)
zusammen, indem es eine ältere Form des Wortstammes bewahrt hat, die sich
auch in der Vokalisation des koptischen Pluralis ueec »die Knochen« noch
verrät.

Man nimmt gewiß mit Recht an, daß bei der Konservierung der Leichen
durch Mumifikation die Natur selbst in dem Trockengebiet der ägyptischen
Wüste die Lehrmeisterin der Ägypter gewesen ist1, wie sie das auch in Peru,
dem andern klassischen Lande der Mumifikation, getan haben wird. Wir
besitzen aus Ägypten primitive Beisetzungen von Hockerleichen aus alter
Zeit, die in Leinen oder Leder gehüllt ohne besondere, als Einbalsamierung
zu bezeichnende Behandlung lediglich durch die Trockenheit der Luft und

Abkürzungen: AR = Altes Reich, MR = Mittleres Reich, NR = Neues Reich.
1 Elliot Smith-Dawson, Egyptian Mummies S. 23.

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