Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Siebmacher, Johann [Bibliogr. antecedent]; Seyler, Gustav A. [Oth.]
J. Siebmacher's großes und allgemeines Wappenbuch: in einer neuen, vollständig geordneten u. reich verm. Aufl. mit heraldischen und historisch-genealogischen Erläuterungen (Band 1,1): Wappen der deutschen Souveraine und Lande — Nürnberg, 1856

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.27908#0037
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
IIERZOGTHUM BRAUNSCIIWEIG - WOLFENBÜTTEL.

27

I. Ein Wappen mit Scliild gleich dem eben he-
schriebenen, doch statt der Krone die fünf Helme von
Klettenberg, Hoja, Braunschweig, Bruchhausen und Rein-
stein mit Blankenburg und Diepholz. — Schildhalter wie
beim grossen Wappen. Wappenzelt und Orden fehlen.

II. Ein mit der Herzogskrone bedeckter, gespaitener,
eirunder Schild, vorne Braunschweig, hinten Lüneburg.
Um den Schild das Band des Hosenband-Ordens und unten
Kctte und Kreuz des Löwen-Ordens. Schildhalter: Zwei
gekrönte g. Löwen.

III. Ein einfacher mit königlicher.Krone bedeckter und
von zwei wilden Männern ais Schildhaltern gehaltener
rother Schild, darin das springende s. Ross.

Tafel 47.

Wappen der Herzosthiimer Braunschvveig und
Lüneburg, bis IäO(5.

Der Ursprung des Welfischen Hauses ist bekannt, nicht
weniger die Geschichte Heinrichs des Löwen, llerzog von
Bayern und Sachsen, der einst der machtigste Fiirst in
Deutschland — sein Reich dehnte sich Yon der Nordsee
bis an’s adriatische Meer aus — durch eine ungliickliche
Wendung des Schicksals und den Zorn des Kaisers plöz-
Iich von seiner Höhe herabgeschleudert wurde und sich
zulezt gliicklich schäzen niusste, aus dem Untergange
noch dic Erblande Braunschweig und I.üneburg fiir seine
Kinder zu retten. — Diese heiden Gebiete wurden unter
kaiserliche Lehensobrigkeit 1235 zum Herzogthum Braun-
schweig-Liineburg erhoben und seine Beherrscher unter
die Zahl der Reichsfürsten aufgenommen.

Heinrichs zweite Gemahlin war eine Tochter Ifönig
Heinrichs von England, und wie das Haus Braun-
schweig der Art ci.ne Blutsverwandtschaft mit ersterem
einging, so war auch schon aus friiheren Zeiten zwischen
England und dem Normännischen Königshaus in Däne-
mark eine solche vorhanden.

Ich erwähne dieser Yerwandtschaftsverhältnisse dess-
halb, weil sie uns den einzigen Anhaltspunkt über die
Entstehung des Braun schweigischen Wappens, be-
ziehungsweise itber dessen auffallende Aehnlichkeit mit
dem englischen und dieses lezteren Wappens wieder mit
dem dänischen Wappen gebcn.

Die Historiker selbst sind darin einig, dass das braun-
schweigische Wappen mit dem englischen zusammenhänge
und schreiben wohl auch geradezu, Herzog Heinrich der
Löwe habe nach seiner Vertreibung von seinem Schwie-
gervater dns englische Wappen geschenkt erhalten, doch
mit dem Beizeichen, dass statt der drei Leoparden nur
zwei solche im r. Schilde enthalten sein sollten. — Ge-
wiss ist, dass erst nach den Zciten der Ilerzogin Mathil-
dis, Heinrichs Gemahlin, die Leoparden in Siegeln vor-
kommen *), dagegen der bis dorthin erscheinende Löwe
kein anderer als der lt'ineburgische war. (Siehe unten).

Das zum braunschweigischen Schilde gehörige Kleinod
war, wie es auch die vorliegende Abbildung aus dern
Konstanzer Wappenbuch zeigt, früher gewiss nichts an-
deres als cin r. Stulphut mit g. Stulp, an der Spize ge-
krönt und mit Pfauenwedeln besteckt. In späteren Zeiten
entstand daraus durch die Verschönerungssucht der Kiinst-
ler, vielleicht aucli mit Willen der Herzoge, eine aus g.
Krone hervorwachsende Säule, gekrönt und mit Pfauen-
schweifen besleckt. (Vergl. die folgenclen Abbildungcn).

Die Decken des braunschweigischen Wappens sirul r.
und g.

Das I ii n eburgi s ch c Wappcn ist unzweifelhaft weit
ältcr als das braunschweigische. Ein einfacher Löwe, b.
in G. Das Feld findet sich etwa hundert Jahre nach dem
ersten Vorkommen des liineburgischen Löwen mit ge-
stürzten r. Lindenblättern besät, die spater in r. Iler-
zen der ähnlichen Form halber übergingen, wobei zu-
gleich nach heraldischer Tradition' die Zahl vierzehn
für dieselben angenommen wurde. Doch waren in friihe-
ren Zeiten weder die Herzen oder Blätter, noch weniger

tVtüIler, bei Spangenberg a. a. 0., ist anderer Ansiclit. Ich
glaube micli jedocli hier niit Sicherheit an die Mittheilungcn halten zu
diirfen, die rnir der Historiograph des kgl. Hauses und Archivar in
Hannover. Herr A. Schaumann, in diesem Betreff zu machen die
Giite hatte. —

aber ihre Anzahl ein nothwendiges Iiriterinm des liine-
burgischen Schildes; man lindet bis in’s XVII. Jahrhun-
dcrt hinauf Beispicle von hraunschweigischen Wappen,
in dcnen sie ganz fehlen, so wie die Mehrzahl solcher,
bei welchen das Feld dcs Itineburgischen Löwen blos mit
Ilerzen besät, d. h. die Zahl derselben unbestimmt und
blos der künslerischen Disposition anbeimgestellt ist.

Das 1 ü n eb u rgis che Kleinod ist urspriinglich zwei
mit Pläuenspiegeln an den Seiten besteckte, geschlossene
s. Hörner, wie solche auch hier abgebildet worden. Man
weiss nicht, welcher Umstand dazu Veranlassung gab,
diese Hörner in Sicheln zu verwandeln, noch weniger
warum diese Sicheln schartig gemacht wurden. Diejeni-
gen Ereignisse, auf welche man diese Aenderung begrün-
den will, die Eroberung des hessischen Schlosses Sichel-
stein oder die Entstehung des Sichelbundes (1301), gehö-
ren viel späteren Zeiten an als diejenigen sind, in denen
die Sicheln als Kieinod schon vorkommen; es ist also
diese Auslegung jedenfalls anachronistisch.

Die Decken sind b. und g.

Eine Vereinigung der beiden jezt beschriebenen Wap-
pen von Braunschweig und Liineburg kommt znerst bei
den Gliedern der Gruben hage n’schen Linie (gestiftet
von II. Albrechts Sohn, Heinrich 1279) vor, und zwar
nach dem Jahre 1350. Welche der beiden auf der Tafcl
dargestellten Vereinigungsarten jedoch urkundlich dic
ältere ist, vermag ich nicht zu entscheiden, da mir das
„Braunschweigische Siegelkabinet von M. Praim“ dahier
leider nicht zugänglich war. Die Erfahrungssäze der
Wappenkunde wiirden fiir diejenige sprechen, welche
durch Spaltung des Schildes und resp. Nebeneinanderstel-
lung der beiden Wappenbilder entstand *), doch findc ich
diese augenscheinlich ältere Form noch an dem Wappen
Iferzog Heinrichs, das er 1371 am Schlossthurm zu
Wolfenbüttel anbringen liess (Biinling, a. a. 0. fl. 730,
schreibt 1471.), während das Wappen des Ilerzogs Mag-
nus „mit der Ivette“ vom Jahre 1370 und das des Her-
zngs Bernhard vom Jahre 1409 bereits den geviertelen
Schild wie auf der Tafel zeigen.

Wenn nun auch diese beiden Wappen durch die Art
der Zusammenstellung der Bilder von Braunschweig und
Liineburg im Schilde, von einander abweichen, so ist die-
ser Umstand doch keinesfalls so bedeutend als diejenigc
Aenderung, die im Kleinod vor sich ging.

Man sollte nemlich, entsprechend der Kombination der
heiden Bilder im Schild, auch beide Kleinode dieser Bil-
der auf den Helm erwarten. Es ist diess jedoch nicht
der Fall, sondern es erscheint auf diesen Helmen neben
dem braunschweigischen Kleinod, das nach der obener-
wähnten Weise verändert ist, statt der lüneburgischen
Hörner oder Sicheln ein springendes s. Ross. Die Bedeu-
tung dies^ Rosses ist verschicden ausgelegt worden, doch
stimmen die Meisten darin iiherein, dass es das Sinnbild
des ältesten Herzogthums Sachsen gewesen und als sol-
ches von hraunschweigischen Fiirsten adopfirt worden
sei **). Im kgl. preussischen Schilde steht diess s. Ross
in R. unter dem Titel „Herzogtlmm Westiälen“, im kgl.
haimover’schen Schilde als „Ilerzogthum Niedersach-
sen“ und feeutigen Tages erscheint dasselbe auch noch
als Collektiv-Wappen für Braunschweig und fiir II an-
n o v e r.

Uebrigcns kommt dicss Ross eine kurze Zcit, etwa
zehn Jalire lang um 1369 auch im Schilde vor (Müller
u. a. B. S. 177.), verschwindet aher dann gänzlich dar-
aus bis zur Zeit dcr Kur Ilannover 1692, imd erscheint
während diescr Zcit blos als iielmkleinod , vvie hier he-
zeichnet. —

Tafel 43.

Wappcn rter GrafscSaaDeti ttomtmrs, Lliersteiu »mrt der
Iterrschafteti Ijrtuterämrg uuit Rtettentierg.

Die Grafschaft Homburg, deren Wappen iin braun-
schweTgischen Schilde erscheint, kam 1445 an Braun-

*) Vergleiche oben, Tafel 40. bei rien Wiirttembergischen Wappen.
Bie Sagc, dass der Herzog von Sachseu, Wittekind, ein
schwarzes Ross im Scliilde gefiihrt, und nach seiner Bekehrung zuni

Christenthume dasselbe in ein w e i s s c s verwandelt iiabe, ist hintäng-
licli beUannt.

5
 
Annotationen