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hörn als eine rein formale Nachahmung griechischer Vor-
bilder anzusehen ist, die schlecht zum Ausdruck römischer
Ideen passt.

IL Das Füllhorn als Symbol des (Hiicks und
des Heils.

Seine grösste Verbreitung in der römischen Kunst hat
das Füllhorn unstreitig als Symbol des Glücks und des Segens
erfahren, und zwar ist diese seine Bedeutung aus derjenigen
der natürlichen Fülle und des konkreten Überflusses auf dem
Wege der verallgemeinernden Abstraktion abgeleitet, indem
man das Attribut in die Hand einer Schicksalsgottheit legte.
Wie wir in der Einleitung gesehen haben, war diese "Über-
tragung bereits den Griechen frühzeitig geläufig und konnte
als ein Zurücktreten der natürlichen Religion gegenüber der
ethischen Richtung aufgefasst werden. Tyche ist das erste
Qns aus der griechischen Kunst bekannte Beispiel einer
ethischen Gottheit, die mit dem Hörn der Amaltheia aus-
gestattet wurde. Der Wechsel in der Auffassung , dem die
Gestalt derselben im Laufe der Zeit unterworfen war, ist
ein sehr bedeutender gewesen und äusserst charakteristisch für
die verschiedenen Stufen des religiösen Empfindens der
Hellenen, ein Punkt, für den ich auf den Aufsatz von Lehrs1)
über „Dämon und Tyche" verweise.

Tyche ist immer eine Schicksalsmacht gewesen, während
sie aber zu Piudars Zeit und noch über die Perserkriege
hinaus der damaligen ernsten religiösen Auffassung ent-
sprechend gewissermassen den Willen der Götter Verkörperte,
dessen Ausfluss auch ..das Wandelbare und Unberechenbare

') Lehre. Populäre lofeitze pag. 153 ff.

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