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Sillib, Rudolf
Die Geschichte der Handschrift [Die Manessische Lieder-Handschrift] (aus: Die Manesse'sche Handschrift, Faks.-Ausg., Textbd.: Die Manessische Lieder-Handschrift / Einl. von Rudolf Sillib, Friedrich Panzer, Arthur Haseloff) — Leipzig, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.3970#0003
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eines prunkvollen französischen Einbandes vor uns zu sehen, eines roten
Maroquinbandes aus der Zeit, da die Handschrift im Besitz der Biblio-
theque du roi in Paris war; seine Herstellung dürfte um das Jahr 1680,
jedenfalls in die Zeit König Ludwigs XIV. zu setzen sein. Vorder- und
Rückseite zeigen das königliche Wappen der Bourbonen in Goldpressung
und am Rande drei Goldlinien in engem Abstände, während der Rücken
in sechs von den Bünden gebildeten sieben Feldern, gleichfalls in Gold-
pressung, das verschlungene Doppel-Initial Ludwigs XIV. innerhalb
reicher Ornamente und im zweitobersten Feld die Aufschrift: Recveil
D'anciens Poetes Allemands, trägt, einen Titel, der schwerlich etwa als
Übersetzung der Aufschrift des älteren Einbandes gelten kann. Welcher
Art der ursprüngliche Einband war, läßt noch das Blatt 4 der Handschrift,
mit dem sie einst begonnen, erkennen. „Dieses Blatt trägt unten noch den
rostigen Abdruck der Eisenhafte, mit der man diesen kostbaren Schatz
alter Dichtkunst, um ihn zu hüten, einmal an die Kette gelegt hatte. Der
alte Einband war schadhaft geworden: ein Holzband, von dem schließlich
am Vorderdeckel eine Leiste von mehr als acht cm Breite abgesprungen
war. Hier fand das Licht Zutritt und hat in dieser Breite das Pergament
durch zwei Blätter hindurch tief gebräunt" (Hilliger).
Die Handschrift selbst, eine Sammlung der Lieder von nicht weniger als
140 Dichtern, besteht aus 6 Papier- und 426 Pergamentblättern, diese in
38 Lagen. Merkwürdigerweise ist die Auswahl des Pergaments nicht
durchaus mit wünschenswerter Sorgfalt erfolgt; es erscheint weder
gleichmäßig in der Stärke noch in der Farbe; es wechseln Lagen mit
kräftigerem und dünnerem Pergament, zum Teil mit so dünnem, daß
stellenweise heute schon unverkennbare Spuren von Korrosion, vom
Durchfressen der metallhaltigen Tinten, leider festzustellen sind. Auch
Pergamente mit Löchern und vernähten Rissen sind ab und zu verwendet.
So ergibt schon die Betrachtung des BeschreibstofFes allerlei Unter-
schiedlichkeiten, die darauf hinweisen, daß die Handschrift nicht aus
einem Gusse besteht, daß sie vielmehr erst allmählich durch Verwendung
verschiedenen Materials entstanden ist.
Was den Bestand der Handschrift, die Zusammenfügung der Lagen an-

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