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Sillib, Rudolf
Die Geschichte der Handschrift [Die Manessische Lieder-Handschrift] (aus: Die Manesse'sche Handschrift, Faks.-Ausg., Textbd.: Die Manessische Lieder-Handschrift / Einl. von Rudolf Sillib, Friedrich Panzer, Arthur Haseloff) — Leipzig, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.3970#0002
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\ A/7^ER es unternimmt, die Geschichte einer so schicksalsvollen Hand-
VV schrift wie die der Manessischen ihrer Bedeutung entsprechend dar-
zustellen, wird sich erfahrungsgemäß zum voraus mit der Wahrschein-
lichkeit eines nur halben Erfolges zu bescheiden haben. Verschiedene
Wege zum erhofften Ziel sind bisher eingeschlagen worden, keiner ist
begangen worden, über dem das Dunkel, das ihn an entscheidenden
Stellen umgab, auch wirklich Völlig hätte gelichtet werden können. Trotz
alledem versuchen wir aufs neue, dies Dunkel aufzuhellen, bis zur Schrift-
und Bildheimat der Handschrift, bis zur Stätte, den Zeiten und dem
Kulturkreis vorzudringen, dem ihre Entstehung zu verdanken ist. Es wird
unsere Aufgabe sein, zunächst ihren bibliographischen Bestand zu be-
trachten, ihren Ursprung zu schildern und sodann ihre Wanderungen
und Schicksale zu verfolgen. Für alles übrige ist auf die beiden folgen-
den Beiträge dieses Textheftes hinzuweisen.

Aber auch alles das, was zur eigentlichen Geschichte der Handschrift
gehört, soll nur in der Form einer Zusammenfassung der wesentlichen
Ergebnisse der bisherigen Forschung, doch nicht ohne Verzicht auf jeg-
liche eigene Erwägung und Feststellung vorgetragen werden; keinesfalls
soll unsere Darstellung durch Aufzählung aller, auch unbedeutendster
Nachrichten und weitgehende philologische Begründungen belastet wer-
den. Wer auch diese und die entsprechenden Quellennachweise sucht,
wird sich in der im Anhang veröffentlichten wichtigsten Literatur über
unsere Handschrift leicht zurecht rinden.

Wir halten zunächst nicht Ausschau nach geschichtlichen Überliefe-
rungen, wir treten vielmehr an die Handschrift selbst heran, betrachten
ihre äußeren und inneren charakteristischen Merkmale wie an einem alten
Bauwerk, dessen Bestand wir aufnehmen wollen, um dann die Eigenart
seiner Erbauer und seines Stiles zu erkennen; wir werden sehen, daß die ser
Vergleich mit einem Bauwerk gerade unserer Handschrift gegenüber be-
sondere Berechtigung hat.

Wir nehmen den schweren Band - er entspricht etwa unserem Groß-
quartformat - zur Hand, lösen die ihn sorgsam umschließende rote Leder-
tuchhülle ab und erstaunen, „das alte teutsche Liederbuch" im Gewand
 
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