DER SÄLONßÄUER
M. Eadler
Der Rundfunk sucht zum Bau von Weizen
Jetzt auch den Städter anzureizen.
Ein Zimmeracker wird durch Föhn
Besonders üppig, reif und schön.
Der Kleinbetrieb kann der Maschinen
Sich leider meistens nicht bedienen.
der (;eneral
Neulich trieben wir ein reizendes Spiel: Jeder sollte
wahrheitsgemäß erzählen, wann in seinem Leben er sich
am meisten blamiert habe. Da erzählte Ernst ernst und
wahrheitsgemäß:
„Das war in Paris, während der deutschen Besetzung.
Id. gehe zu einem französischen Schneider. Seitenstraße
Nähe Champs Elysees. Ein Lädchen. Tür und Schau-
fenster rührend altmodisch, breit eingerahmt von dunkel-
braunem Holz. Name und .Tailleur' mit schöner latei-
nischer Schreibeschnift aufgemalt. Ich öffne, trete ein —
und werde von Rot und Gold förmlich angestrahlt, ge-
blendet: Ein General. Der Hampelmann in mir klappt
zusammen, richtet sich auf, zuckt mit dem rechten
Arm, erstarrt, bohrt sich in den Boden, bohrt sich in
Die Erde, wird sie gut gedüngt,
Sich dankbar zeigt, sich neu verjüngt.
Die Schere schrillt, die Garbe fällt,
Was übrig bleibt ist Stoppelfeld.
Die Qualität kommt ziemlich nah
Dem Weizenmehl aus Kanada.
die Decke. Stiert. Der General, wie es sich für einen
General gehört, beachtet mich gar nicht.
Der Schneider ist um den General herum beschäftigt.
Sehr ruhig. Sehr leise. Steckt Nadeln in den mächtigen
Mantel — denn um die Anprobe eines Mantels han-
delt es sich —, zieht mit schreibmaschinengummirunder
Kreide weiß-graue Striche in den weichen knochenlosen
Stoff.
Spricht gut französisch, der General, denke ich. Findet
man selten bei einem General.
Ich erstarre weiter, bohre mich weiter, stiere weiter.
Die Anprobe ist beendet. Der Mantel wird ausgezogen.
Zum Vorschein kommen ein ganz gewöhnlicher Zivil-
anzüg, ein unscheinbares Männchen.
Der General ist gar kein General. Ist ein Kollege des
Schneiders, Hat nur ausgeholfen."
Des Säens magische Gebärde
Enthüllt den tiefsten Sinn der Erde.
Die Weizenpuppe aber jetzt
Die Sommerfrische voll ersetzt.
Das frohe Erntedankfest naht
Und bald beginnt die Wintersaat!
Ernst Klotz
BLUTSCHANDE
Das Gasthaus ,,Zum bayerischen Löwen" begann seinen
diesjährigen Werbefeldzug mit einer Ansprache des Kreis-
direktors des Bayerischen Bauernverbandes Dr. Fischbacher.
Er schlug unter anderem vor, man sollte alle Preußen
nach Sibirien schicken. Vermutlich hält er diese Art
Gäste nicht mehr für zahlungsfähig genug, eine Ver-
mutung, die noch durch die Tatsache erhärtet'würde, daß
der anwesende Inspektor, Landwirtschaftsminister Dr.
Baumgartner gegen diese Ausführung keinen Protest erhob.
Der Redner bezeichnete ferner eine Ehe zwischen einem
Bayern und einer norddeutschen Blondine als Blutschande.
Natürlich sollte man ein wenig auf Sittlichkeit in den
Gasthäusern sehen, auch in dem „Zum bayerischen
Löwen". Es ist immerhin anerkennenswert, daß diese Ehen
nun als Blutschande bezeichnet werden, wobei sich jeder aus-
malen möge, was dann juristisch gesehen eine Ehe zwischen
Einheimischen darstellt. Gemeint hatte der Redner sicher—
Notzucht. Aber diese Dinge sind, mit den Worten Dr.
Ehards, glücklicherweise nicht ernst zu nehmen. M. S.
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M. Eadler
Der Rundfunk sucht zum Bau von Weizen
Jetzt auch den Städter anzureizen.
Ein Zimmeracker wird durch Föhn
Besonders üppig, reif und schön.
Der Kleinbetrieb kann der Maschinen
Sich leider meistens nicht bedienen.
der (;eneral
Neulich trieben wir ein reizendes Spiel: Jeder sollte
wahrheitsgemäß erzählen, wann in seinem Leben er sich
am meisten blamiert habe. Da erzählte Ernst ernst und
wahrheitsgemäß:
„Das war in Paris, während der deutschen Besetzung.
Id. gehe zu einem französischen Schneider. Seitenstraße
Nähe Champs Elysees. Ein Lädchen. Tür und Schau-
fenster rührend altmodisch, breit eingerahmt von dunkel-
braunem Holz. Name und .Tailleur' mit schöner latei-
nischer Schreibeschnift aufgemalt. Ich öffne, trete ein —
und werde von Rot und Gold förmlich angestrahlt, ge-
blendet: Ein General. Der Hampelmann in mir klappt
zusammen, richtet sich auf, zuckt mit dem rechten
Arm, erstarrt, bohrt sich in den Boden, bohrt sich in
Die Erde, wird sie gut gedüngt,
Sich dankbar zeigt, sich neu verjüngt.
Die Schere schrillt, die Garbe fällt,
Was übrig bleibt ist Stoppelfeld.
Die Qualität kommt ziemlich nah
Dem Weizenmehl aus Kanada.
die Decke. Stiert. Der General, wie es sich für einen
General gehört, beachtet mich gar nicht.
Der Schneider ist um den General herum beschäftigt.
Sehr ruhig. Sehr leise. Steckt Nadeln in den mächtigen
Mantel — denn um die Anprobe eines Mantels han-
delt es sich —, zieht mit schreibmaschinengummirunder
Kreide weiß-graue Striche in den weichen knochenlosen
Stoff.
Spricht gut französisch, der General, denke ich. Findet
man selten bei einem General.
Ich erstarre weiter, bohre mich weiter, stiere weiter.
Die Anprobe ist beendet. Der Mantel wird ausgezogen.
Zum Vorschein kommen ein ganz gewöhnlicher Zivil-
anzüg, ein unscheinbares Männchen.
Der General ist gar kein General. Ist ein Kollege des
Schneiders, Hat nur ausgeholfen."
Des Säens magische Gebärde
Enthüllt den tiefsten Sinn der Erde.
Die Weizenpuppe aber jetzt
Die Sommerfrische voll ersetzt.
Das frohe Erntedankfest naht
Und bald beginnt die Wintersaat!
Ernst Klotz
BLUTSCHANDE
Das Gasthaus ,,Zum bayerischen Löwen" begann seinen
diesjährigen Werbefeldzug mit einer Ansprache des Kreis-
direktors des Bayerischen Bauernverbandes Dr. Fischbacher.
Er schlug unter anderem vor, man sollte alle Preußen
nach Sibirien schicken. Vermutlich hält er diese Art
Gäste nicht mehr für zahlungsfähig genug, eine Ver-
mutung, die noch durch die Tatsache erhärtet'würde, daß
der anwesende Inspektor, Landwirtschaftsminister Dr.
Baumgartner gegen diese Ausführung keinen Protest erhob.
Der Redner bezeichnete ferner eine Ehe zwischen einem
Bayern und einer norddeutschen Blondine als Blutschande.
Natürlich sollte man ein wenig auf Sittlichkeit in den
Gasthäusern sehen, auch in dem „Zum bayerischen
Löwen". Es ist immerhin anerkennenswert, daß diese Ehen
nun als Blutschande bezeichnet werden, wobei sich jeder aus-
malen möge, was dann juristisch gesehen eine Ehe zwischen
Einheimischen darstellt. Gemeint hatte der Redner sicher—
Notzucht. Aber diese Dinge sind, mit den Worten Dr.
Ehards, glücklicherweise nicht ernst zu nehmen. M. S.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Der Simpl
Titel
Titel/Objekt
"Der Salonbauer"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1947
Entstehungsdatum (normiert)
1942 - 1952
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 2.1947, Nr. 6, S. 68.
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg