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W. Menne

Ein Narr sieht sein Jahrhundert

Schriftsteller Nick galt für manche als verrückt. Andere
wied.T hielten ihn für ein verkanntes Genie. Jedoch
gleichgültig gegen das Urteil der Leute schrieb Nick un-
verdrossen weiter. So saß er auch am Jahresende am
Schreibtisch. Aufgebrühter Brombeerblättcrtec vermengt
mit Punscharoma erinnerte außer dem Kalenderblatt an
Silvester.

Trotz diesem dürftigen Getränk fühlte sich Nick gut
inspiriert. Er griff zum Pelikanfüller, malte bedächtig
den Titel „Ein Narr sieht sein Jahrhundert" Und krit-
zelte flott weiter.

Mit einem Hund fing es an. Ich meine 1933. Auf einem
Wahlplakat war zu lesen, ein Polizeihund koste dem
Staat mehr als ein Arbeitsloser. Zweihundert Gramm
Reis und ein halbes Pfund Fleisch seien Tagesration.
Heute ißt ein Direktor weniger, als damals der Hund
fraß. Selbst ein Staatssekretär mit 2000 Mark Gehalt
kann sich nicht das tägliche Menü eines Arbeitslosen
leisten, welches diesem für 8 Pfennig täglich in der
Volksküche serviert wurde, Damals sagte man, so kann
das nicht weitergehen. Entweder Hitler oder Thälmann
Und heute? Ist alles auf dem Hund. Entweder Mar-
shall oder Stalin.

Damals brachte Überproduktion die Welt in Unord-
nung. Heute das Gegenteil. Damals mußte man schwarz
arbeiten, um besser leben zu können. Heute schwarz
kaufen, um zu leben.

Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Dies
ist das zweithöchste Gebot, lernten die Millionen christ-
lichsozialen Wähler in der Konfessionsschule. Aber Ge-
setzesgewalt ist notwendig, um armen Flüchtlingen über-
flüssigen Hausrat leihweise zur Verfügung zu stellen.
Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch
keinem andern zu, sagten sich christlich-soziale Minister
und drückten sich vor dem Erlaß des Rückerstattungs-
gesetzes an politisch und rassisch Verfolgte.
Wer den Stall von Bethlehem besonders anschaulich er-
leben will, der gehe in ein Flüchtlings- oder Auffang-
lager. Dort liegt es auf Windeln und Stroh und die
armen Hirten aus Siebenbürgen betrachten es nicht froh.
Einmal gab es einen heiligen Ritter St. Martin. Dieser
teilte durch Schwertstreich seinen einzigen Mantel, um
einem frierenden Bettler zu helfen. Heute gibt es nächt-
liche Raubritter, die einem Arbeiter den einzigen Mantel
vom Leibe reißen, und Martinsgänse zu dreihundert
Mark für Hungernde.

Urbayern werden jetzt Europianer. Der Ministerpräsi-
dent verkündete: „Bayern, in deinem Lager steht das

neue Deutschland, steht das neue Europa!" Einstweilen
führen sie Kartoffelkriege im eigenen Land, mucken
wider das Frankfurter Wirtschaftsparlament, halten sich
über hundert Minister und tausend Abgeordnete auf
kleinstem Raum, ohne daß eine einheitliche deutsche
Regicrungsmaßnahme möglich ist. Und diese wollen eine
Europäische Union.

Jetzt ist der dritte schwärzeste Winter unserer Ge-
schichte. Wieder sagte im Dezember ein Minister: wenn
wir nur diesen Winter ohne zerstörende Folgen über-
stehen, wenn wir nicht resignieren und alle Möglich-
keiten ausschöpfen, die'uns verblieben sind, dann — ja
dann — wird es im nächsten Jahre aufwärts gehen. Die
Methode Coue bewährt sich prima am eselsgeduldigen
deutschen Patienten. Im Mai spricht dann wieder ein
Kollege: Wir sind immer noch im Fallen, der Abgrund
ist noch nicht erreicht.

Ich schließe mich schon jetzt dieser ministeriellen Mai-
auffassung an. Hals- und Beinbruch. Prosit Neujahr!

Adalbert Zech

Väterliche Weisheit

VON ERNST KLOTZ

Mein Sohn, was willst du also werden,
Beamter, Künstler, Ingenieur?
Laß ab! Es lohnt sich nur auf Erden
Das Schieben noch! Schieb mit, denn hör:

Wer schiebt, hat wirklich mehr vom Leben,
Hat alles, was du so entbehrst,
Wer hat, dem wird noch mehr gegeben —,
Glaub ja nicht, daß du dich entehrst.

In diesem lausigen Jahrhundert
Kommt deine Schiebung mal ans Licht,
Im Gegenteil, du wirst ermuntert,
Doch nicht bestraft vom Strafgericht!

Die neckischen Ermunterungsstrafen,
Die kalkulierst du grinsend ein,
Um gleich auf Kosten aller Braven
Ein Schieber wie zuvor zu sein.

Wer schiebt, hat Schuhe, Fett und Kohlen,
Nur keine Angsi vor dem Gericht.
Die Schieber soll der Teufel holen,
Denn die Justiz, die holt sie nicht!

Was sich wohl die Gerichte denken,
Was sich wohl die Regierung denkt,
Wenn, statt die Kerle glatt zu henken,
Man möglichst keinen Schieber kränkt?

Ich hoffe, wenn wir wieder wählen,
Wenn man uns vor die Frage stellt,
Wird man den Herren schon erzählen,
Was man von diesem Frevel hält!

Dies nebenbei. Was wirst du werden,
Mein lieber Sohn, ein Schieber —? Nein,
Du wirst da lebenslang auf Erden
Ein Rindviech wie dein Va'ter sein!

K.. Staudinger

DER WELTFETTLÜCKENBÜSSER

Sprichwörter und ihre Gegenbeweise

Arbeit adelt.

Gegenbeweis: Die Arbeitslager.

*

Die Wahrheit siegt.

Gegenbeweis: Etliche Spruchkammcrurteile.

*

Hunger ist der beste Koch.
Gegenbeweis: Der Normalverbraucher.

Not macht erfinderisch.

Gegenbeweis; Der bayerische Landtag.

*

Wer viel fragt, kriegt viel Antworten.
Gegenbeweis: Ein amerikanisches Interview mit Stalin.
*

Einmal ist keinmal.

Gegenbeweis: Hitlers Kriegserklärung 1939.

*

Viele Köche verderben den Brei.
Gegenbeweis: Jeder Diktator.

*

Der Krug geht so lange zum Wasser, bis er bricht.
Gegenbeweis: Hundhammer.

*

Wo nichts ist, hat der Kaiser sein Recht verloren.
Gegenbeweis: Der Steuerzahler.

*

Wer langsam geht, kommt auch zum Ziel.
Gegenbeweis: Die Friedenskonferenzen. O. Dluhosch

AUS DEM SPIELPLAN DES WELTTHEATERS
„Das Veto von Dingsda"

kann als eine der beliebtesten und oft gespiel-
testen Operetten bereits auf mehr als einhundert
Aufführungen zurückblicken. Es handelt sich
hier um ein tragikomisches Spiel, das sich be-
sonders bei hochstehenden Persönlichkeiten
größter Beliebtheit erfreut. Obwohl die endlos
langen Duette meist mit einer plötzlichen Disso-
nanz unbefriedigend abschließen, kann dem
Stück ein hochwertig theatralischer Charakter
nicht abgesprochen werden. Für Zuschauer mit
weniger starkem Gemüt und Kritiker, die den
im Grunde recht heiteren Verlauf der Handlung
nicht rechtzeitig erkennen, sind Herztropfen in
ausreichender Menge an der Kasse des Theaters
bereitgestellt. *

„Das Lied der Wüste"

Mit diesem Film haben wir endlich ein modernes
Stück, dessen Inhalt von einer ausgesprochen
antimilitaristischen Tendenz bestimmt wird. Der
bekannte englische Star John Bull hat sich nach
einigem Zögern zur Uebernahme der leid-tragen-
den Hauptrolle entschlossen. Die Originalszenen
wurden an der Klagemauer Palästinas aufgenom-
men und werden von vielen hübschen arabi-
schen „Schlagern" stimmungsvoll untermalt. Es
nimmt daher nicht wunder, daß bei einigen Auf-
führungen ein ausgesprochener Bomben-Erfolg
verzeichnet werden konnte.

„Das indische Grabmal"

(Fortsetzung des „Tigers von Eschnapur")
offenbart als zweiter und damit letzter Teil die-
ses Familien-Dramas mit erstaunlicher Treff-
sicherheit die geheimnisvolle Beschaffenheit der
indischen Volksseele. Das Stück behandelt be-
kanntlich den Erbschaftsstreit einer Familie, der
durch eine merkwürdige Verkettung mysteriöser
Umstände und komplizierter Gemütswirren hier
seinen endgültigen blutig-dramatischen Abschluß
findet. Viele Szenen spielen im Zwielicht und
sind für den Zuschauer in ihrer rätselhaft tief-
gründigen Problematik nur schwer verständlich.
Trotzdem können sich besonders die Inder selbst
der niederschmetternden Wirkung dieses Doku-
mentarfilmes nicht entziehen.

*

„Der Vierte kommt nicht!"

So heißt ein in Vorbereitung befindlicher, viel
umstrittener Illusionsfilm der amerikanischen
Marshall-Plan-Produktion, der einen Konflikt
zwischen vier alten Freunden an den Beginn
seiner Handlung stellt. Dieser Film beansprucht
einen außerordentlichen Aufwand an technischen
Hilfsmitteln. An den großen Dialog-Szenen wird
seit vielen Monaten heftig gearbeitet. Der Tag
der Premiere ist nach dem augenblicklichen
Stand der Dinge noch nicht abzusehen. Nach dem
Aufwand zu urteilen, verspricht dieses Werk
jedoch früher oder später ein ebenso spannendes
wie erbauendes Erlebnis zu werden. Hans Job

4
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Weltfettlückenbüsser"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Staudinger, Karl
Menne, Walter
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Mann <Motiv>
Lesen <Motiv>
Karikatur
Buch <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 3.1948, Nr. 1, S. 4.

Beziehungen

Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
 
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