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M. Radler: KUNSTGEWÄSCH

Daily Expreß weist in einem
Artikel auf die Feststel-
lung der Alliierten hin,
daß das gegenwärtige Ber-
lin voll christlicher und demokratischer Eigen-
schaften sei. — Man übertrage also schleunigst die
Berliner Verhältnisse auf die übrigen Zonen und
die demokratische Umerziehung des deutschen Vol-
kes dürfte in Kürze restlos abgeschlossen sein

Aus "einer Sitzung des Rosenheimer Stadtrates be-
richtete das „Oberbayerische Volksblatt" vom
30. Juli: „Nachdem fast alle Fraktionen der Be-
wunderung für den heldenhaften und vorbild-
lichen Kampf der Berliner Bevölkerung rühmen-
den Ausdruck verliehen hatten, wurde der Antrag,
den Berlinern eine Tagesration der Stadt Rosen-
heim abzutreten, einstimmig abgelehnt." — Und
da soll einer sagen, wir hätten ke;n Gemüt.

Joseph Stalin beantragte die Aenderung seines
Namens, weil er wegen eben dieses Namens dauernd
Unannehmlichkeiten hätte. Stalin ist Sekretär der
sozialistischen Partei in Djerdjoniow (Polen). Da
der falsche Stalin den Geburtsnamen Joseph
Djugashwili hatte, bevor er der/ berühmte Stalin
wurde, ist es am besten, der echte Stalin nähme
den falschen Namen Djugashwili an, damit wieder
Ordnung in die verfahrene Geschichte kommt.

„Der heutige Landtag ist eine Katastrophe für un-
ser Parlament" rief der bayerische Landtagsprä-
•eident Dr. Horlacher aus, weil am letzten Tag der
abgelaufenen Sitzungsperiode nur 80 Abgeord--
nete erschienen waren. — Nur keine Panikstim-
mung! Beim Empfang der Diäten werden sich die
Abgeordneten Mann für Mann wie Phönixe wie-
der aus der Asche der Katastrophe erheben.

Der seit einem Jahr polizeilich gesuchte Führer
der WAV Alfred Loritz hielt in den Abendstun-
den des 7. 8. vor 14 Parteivorstandsmitgliedern
und mehreren Gästen eine einstündige Rede. Da-
rauf wurde er einstimmig zum Landesvorsitzenden
gewählt und verschwand, wie er gekommen war.
— Was kann die Polizei auch unternehmen, wenn
alle politischen Kreise Münchens an der Auffin-
dung des WAV-Vorsitzenden einstimmig uninter-
essiert sind?

t

Der tschechische Staatspräsident Clemens Gott-
wald wurde zum „Ehrenarbeiter" ernannt. — Da-
mit wird er sozusagen zum Ahnherrn eines künf-
tigen tschechoslowakischen Proletarieradels.

EINE BUNTE GESCHICHTE

. . . ist, wenn ein Brauner aus dem goldenen
Westen schwarz über die grüne Grenze in den
roten Osten geht und dort sein blaues Wunder erlebt.

SIMPELEIEN

Schweizer „Weltwoche":
„Clay mußte .Vizekönig'
von Deutschland blei-
ben, weil niemand sonst
durch die Uebernahme des schweren Amtes sei-
nen Ruf gefährden wollte." — Danach ist also
Clay .Vizekönig' Von Deutschland geworden, um
vorsätzlich seinen Ruf zu gefährden. Was er wohl
damit bezweckt?

Die schwere Explosionskatastrophe in Ludwigshafen
hatte nach Zeitungsmeldungen zur Folge, daß jen-
seits des Rheins die im Mannheimer Hafen auf
Baugerüsten tätigen Arbeiter durch den starken
Luftdruck weggefegt wurden. —■ Wotiin sie gefegt
wurden und was sie dabei erlebten, erfuhr man nicht.

DIE HÜGELSTADT AN DER ISAR

Im Jahre 1806 hat Napoleon dem erster! Deutschen
Reich ein Ende gemacht. Bismarck schuf mit Gewalt
das zweite. Und der Oesterreicher Hitler glaubte sich
berufen, durch Anwendung noch härterer Gewaltmaß-
regeln mit dem dritten dieser Reiche das erste und das
zweite zugleich zu überbieten. Es gelang ihm, mit die-
sem Wahnsinn durchzudringen. Am wenigsten freilich
in Landau an der Isar, wie die Verhandlungen vor der
Landauer Spruchkammer beweisen. Allerdings hat Lan-
dau dafür auch noch einen anderen, auf keinen Fall an-
zweifelbaren Beweis: Es hat hier niemals einen Adolf-
Hitler-Piatz oder eine Adolf-Hitler-Straße gegeben.

Aus einer Chronik der Stadt Landau von J. A. Baader (1948)

LETZTE NACHRICHTEN

Von unserem Sondetkovtespondenten Vim

Als himmlischer Bote mit besonderem Auftrag er-
schien in einer Sitzung des bayerischen Landtages
eine Taube. Ehe jedoch die Herren Abgeordneten
sie ergreifen und über ihre besondere Sendung be-
fragen konnten, entflatterte das Tierchen wieder
durchs offene Fenster. So kann damit gerechnet
werden, daß unser Landtag weiterhin auf die gött-
liche Erleuchtung warten muß.

Im Verlauf einer gut besuchten Versammlung haben
sich die bisher vom Schwarz-Vermieten (1 Schachtel
Zigaretten pro Tag) lebenden Wohnungs- und
Zimmerbesitzer zu einem „Verein der Kuppelei-
Geschäftsinhaber e. V." zusammengeschlossen. In
einer mit stürmischem Beifall bedachten Rede rich-
tete der Vorsitzende des neuen Vereins, der acht-
undzwanzigjährige Beschäftigungslose Louis Zuzüg-
ler, an die Verantwortlichen dia Frage, wovon der

gehobene Mittelstand leben solle, wenn ihm durch
Währungsexperimente die Zigarettengrundlage ent-
zogen werde? Nach dem gemeinsamen Absingen des
Vereinsliedes „Veronika — der Lenz ist da!" wurde
einstimmig beschlossen, die Zimmerpreise, wenn
auch zunächst unter Opfern, zu halten und lieber
einige Nächte selber im eigenen Bett zu schlafen,
als es zu Schleuderpreisen zu vermieten.

Nach privaten Meldungen soll der zur Zeit wegen
Bestechung vor Gericht stehende Zigarettenkönig
Reemtsma auf seine Krone verzichtet haben. Unter
dem Einfluß von Währungsreform, Tabaksteuer und
Schwarzmarkt haben sich zu viele seiner bisherigen
Untertanen für seine Abdankung ausgesprochen.
Ex-König Reemtsma wird voraussichtlich nach Skan-
dinavien ins Exil gehen, wo er hinter den bekann-
ten schwedischen Gardinen Aufenthalt nehmen wird.

In den letzten Wochen wurden verschiedene Wirte
und Geschäftsleute mit Anzeichen eines neuartigen
Ödems in Kliniken eingeliefert. Genaue Unter-
suchungen ergaben, daß es sich dabei um die gefähi-
lichen Auswirkungen eines zu rasender Gier aus-
gearteten Geldhungers handelt. Das Geldhunger-
ödem befällt mit Vorliebe Leute, die dem Geld
gegenüber bis vor kurzem einen geradezu entgegen-
gesetzten Standpunkt (unter dem Motto „Aufs Geld
'sch . . . ü") einnahmen.

Der glanzvolle Verlauf der olympischen Spiele hat
deutlich gezeigt, daß der allgemeine Friedenswille
allmählich zum Sjege kommt. Dem griechischen Re-
bellenführer General Markos ist nämlich sein an-
gekündigtes Vorhaben nicht gelungen, den ersten
Läufer, der das heilige Feuer vom Olymp zu holen
hatte, abzufangen. Vor allem deshalb nicht, weil die
ganze Strecke durch aufständisches griechisches Ge-
biet von starken Panzerkräften gesichert war. Wie
man hört, werden Panzer neuerdings überhaupt nur
noch zum Zwecke der Befriedung eingesetzt.

LINGUA TERTI1 IMPERII

oder die Sprache (h>s Hritteti Keichps

Unter dieser Ueberschrift veröffentlichte der S1MPL in
seinem Heft Nr. 13 / Juli 1948 nachfolgenden Text:

Mitteri in der Nacht äußerster Hilflosigkeit fanden sich
Männer, die die Bayern-Partei gründeten. Diese ist nun
schon zur Volkserhebung geworden und umschlingt alle
noch bayerisch denkenden und fühlenden Menschen in
Stadt und Land. Mit einem fanatischen Willen gehen wir
ans Werfe. Alle Hindernisse, die uns in der Verwirk-
lichung unseres Programms im Wege stehen, werden und
müssen überwunden werden. Treu dem Väterglauben,
. wollen wir die Lebensgrundsätze Wahrheit, Gerechtigkeit
und Liebe verwirklichen und mit den Männern im neuen
Stadtrat zusammenarbeiten, die gleich uns wirklich guten
Willens sind1. Nicht reden, nicht schlafen, sondern ar-
beiten wollen ivir für unsere geliebte Heimatstadt Rosen-
heim und ihre Bewohner. Möge sie wieder bayerisch werden!

, ' (Oberbayeriscftes Volfesblatt in RosenheimJ

Auf Grund einiger Zuschriften s«i hierzu ergänzend mit-
geteilt:

1. Obiger Text erschien im „Oberbayc^ischen Volksblatt",
Rosenheim, Nr. 42, am 28. 5. 48 unter dem Titel „Was
sagen-die Parteien zur Stadtratswahl?" und stellt des-
halb nicht die Meinung der Zeitung, sondern die der
Bayernpartei Rosenheim dar.

2. Der Verfasser besagten Manifestes, Herr Georg
Stemmer, 1. Vors. der. B.P. Rosenheim, läßt uns wissen,
daß er in der Sprache des Dritten Reiches völlig un-
bewandert sei. Zum Beweise seiner Unbewandertheit teilt
Herr Stemmer der Redaktion ferner mit, daß er Vater
von sechs Kindern ist und sich vor dem Kriegsgericht
dafür • zu verantworten hatte, daß er als Offizier in
Uniform eine Elterndeputation führte, als man auch in
Rosenheim während- des Krieges die Kruzifixe aus den
Schulen entfernte. Abschließend schreibt uns Herr Stem-
mer wörtlich: „Ergötzen können Sie mit solchem Blöd-
sinn nur jene Menschen, die uns Bayern nur als) Trott

— nicht aber als Wilhelm — Teil betrachten." D. Red.

DIE MITARBEITER DES HEFTES, soweit sie in den
bisherigen Helten nicht verzeichnet waren: Georg
Büsing, 26. 10 1905, Strom bei Bremen; Horst Busse,
28. 3. 1924, Elbing; Wolf Mohr, 26. 3. 1923, Bad Franken-
hausen; Waldemar Reichardt, 5. 7. 1901, St- Petersburg;
Dieter v. Zengen, 3. 5. 1925, Charlottenburg; W. Pree-
torius, Daten folgen.

„DER SIMPL" erscheint im Monat zweimal

Bezugspreis im Vierteljahr DM 3.— zuzügl. 25 Pfg. Zustellgebühr.
Verlag „DER SIMPL" (Freitag-Verlag), München 23, Werneck-
straße 15a. Fernruf: 362072. Postscheckkonto: Der SIMPL, Mün-
chen Nr. 91999. — Herausgeber: Willi Ernst Freitag. — Red.
M. Schrimpf. — Sprechstunden: Dienstag und Donnerstag von
9 bis 12 Uhr. — Für unverlangt eingesandte Manuskripte und
Zeichnungen wird keine Gewähr übernommen. Freiumschlag ist
beizulegen. — Klischees: Brend'amour, Simhau & Co., Graphische
Kunstanstalt, München. — Druck: Süddeutscher Verlag GmbH.,
München 2, Sendlinger Str. 80. — Genehmigte Auflage: 100 000.

— Copyright by Freitag-Verlag 1946. — Published under Mili-
tary-Government Information Control License No US-E-148.

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Titel

Titel/Objekt
"Kunstgewäsch"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

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Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Radler, Max
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

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Der Simpl, 3.1948, Nr. 16, S. 188.

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