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BIBEL UND FREMDENVERKEHR
Drei Expeditionen — eine amerikanische, eine englische und eine hol-
ländische — werden diesen Sommer, voneinander unabhängig, die
Gipfel des Berges Ararat absuchen, auf dem Flugzeuge das Wrack eines
stattlichen Dreimasters gesichtet haben wollen. Die türkische Regie-
rung, die sich das Anrecht auf etwaige Funde bereits gesichert hat,
erhofft sich von der Auffindung der Arche Noah einen Touristenstrora
aus aller Welt, — mit erheblichen Devisenzuschüssen . . .
Aus einem Prospekt des Turkish Press Department, Ankara, herausgegeben
im Frühjahr 1953:
Besuchen Sie die Arche Noah!
Schneefernerhaus Mt. Ararat (4000 m Höhe)
Das ganze Jahr über geöffnet!
Bahnverbindung Uesküdar—Ankara—Erzerum, oder per Dampfer Istambul—
Trapezunt, mit Eilzugsanschluß nach Erzerum. — Luxus-Autobuslinie von
Erzerum nach reizvoll gelegenem Grenzstädtcheu Bayazid — Dortselbst erst-
klassige Unterkunft und Verpflegung im
GRAND HOTEL NOAH
Herrlicher Ausblick auf Mt. Ararat und Kaukasuskette — Volle Pension von
Lt 16.- an — Laufendes kaltes und warmes Wasser — Tennis — Bar —
Idealer Höhenkurort in biblischer Umgebung — Modernster Komfort — Spiel-
kasino ■— Täglich drei Kapellen — Tanz
Aufenthalt berechtigt zum Besuch des Schneefernerhauses Mt. Ararat und
der Arche Noah ohne Nachzahlung — Elektrischer Aufzug — Drahtseilbahn
allmorgendlich Abfahrt 9 Uhr 15 — Rückfahrt 18 Uhr 30 — Besichtigung der
1949 durch Prof. S. Heilebaz wiederaufgefundenen, echten, einzigen Original-
arche Noah — Photographieren gestattet! Führungen in allen Sprachen!
Unter den Sehenswürdigkeiten sind hervorzuheben: Auf dem Oberdeck
Käfige und' Stallungen für sämtliche heute auf Erden lebende Tierarten —
Vorsintflutliche Ankerwinde — Eigenartige Steuervorrichtung — Geräte.
Zwischendeck: Unterkünfte für Kleintiere — Schubfächer für Insekten (Spezial-
abteilung Tausendfüßler) und Würmer — Kajüten der Familie Noah — Die
Gemächer Sems, Hams und Japhets. — Im Kielraum: Vorratslager (darinnen
u. a. Käse, der sich bis auf den heutigen Tag genießbar erhalten hat). — Auf
der Kommandobrücke: Überreste des historischen, von der Taube gebrachten
Ölzweiges. Auf dem Fußboden dortselbst: Etwas Taubendreck (versteinert).
Größte Seltenheit: Auf den Vordermast angenagelt, ein Stück Pappendeckel,
mit alt-uraramäischer Inschrift, vermutlich von Noahs eigener Hand: „Komme
gleich wieder! Wenn ich bis 7 Uhr nicht zurück bin, bitte nachkommen! Ge-
ässer fallen weiterhin rapid!"
Einleitung zu einer Aufklärungsbroschüre, herausgegeben vom kaiserl. per-
sischen Fremdenverkehrsverband, gedruckt im Verlag der Teheraner Tages-
zeitung „Iran-i-Nu", im Frühjahr 1955:
„Fallen Sie nicht auf den türkischen Schwindel herein! Die einzig wahre und
echte Arche Noah befindet sich auf der persischen Seite des Berges Ararat!
(Aufstieg von Maku aus; über Reiseroute Teheran—Täbriz—Choij siehe
Seite 32.) Neueste wissenschaftliche Forschungen haben ergeben, daß das
Fahrzeug, auf dem einige auserwählte Vertreter der Menschheit, sowie je
ein Paar aller heute lebenden Tiere die Sintflut überstanden, durchaus kein
Dreimaster war, sondern ein Schaufelraddampfer! Die Uberreste desselben
wurden 1950 von Professor Nureddin Ali Mirza in 3500 m Höhe auf kaiserl.
persischem Gebiet entdeckt und sind dem Besuch eines verehrl. Reisepubli-
kums jederzeit zugänglich. Mäßige Preise, in Verbindung mit Sondervergün-
stigungen auf allen Strecken der Kaiserl. Iran. Staatseisenbahn . . . etc. etc."
Südd. Merkur, 1. 4. 1958:
„. . in dem Anwesen Ecke Habsburger- und Hohenstaufanstraße, das 1944
durch Bombeneinwirkung total zerstört wurde. Bei der vorübergehenden Ver-
legung des Türkischen Konsulates München nach Berlin im Jahre 1926 war die
unscheinbare Schnapskiste, welche die Habseligkeiten eines kurz nach dem
ersten Weltkrieg zu Pasing verstorbenen Studenten Numan Farigh enthielt,
zweifellos vergessen worden. Der damalige Hausmeister, Herr Kastulus
Schwartenbrettl, der mit dem wertlosen Kram nichts anzufangen wußte, hatte
sie in eine Ecke des Kellers gestellt, wo sie, von Koks zugeschüttet, in völlige
Vergessenheit geriet.
Schon bei Beginn der Ausbaggerungsarbeiten im vorigen Monat waren den
Arbeitern zahlreiche arabische Handschriften aufgefallen, die in zunehmendem
Maße in den Kellerruinen herumflatterten. Als der Greifer der Maschine
schließlich die zerbrochene Kiste mit Büchern, verschimmelten Kleidern und
Hausschuhen zutage förderte, machte man sich an eine genauere Unter-
suchung der Fundstücke. Die versiegelte, einer niederbayrischen Schmalzler-
dose nicht unähnliche Büchse aus Zedernholz, welche in ein mit ur-ur-ara-
mäischen Schriftzeichen bedecktes Pergament eingewickelt war, enthält —
wie uns Prof. Dr. Aloys Findig vom Orientalischen Institut der Universität
Bamberg mitteilt — jenen Seufzer der Erleichterung, der Noah entfuhr, als
sich die Friedenstaube mit dem Ölzweig endlich auf der Arche niederließ. Die
Schrift stellt eine von sämtlichen Mitgliedern der Familie Noah unter-
zeichnete Urkunde dar, welche bezeugt, daß jener Seufzer sofort von Noah's
Sohn Japhet in besagter Holzdose aufgefangen wurde. Zu Nutz und Frommen
späterer Geschlechter wurde sie hierauf feierlich mit Pech versiegelt und an
einem sicheren Orte aufbewahrt. Wie die unschätzbare Religuie in den Besitz
des mittellosen türkischen Studenten gelangt war, ist noch nicht geklärt. Kein
aufrechter Bayer wird jedoch an ihrer Echtheit zweifeln, umsomehr als die
sensationelle Entdeckung geeignet ist, einen Fremdenstrom aus aller Welt
herbeizuziehen, dessen Devisen für unsere heißgeliebte Wirtschaft . . ."
Walter F. Kloeck
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BIBEL UND FREMDENVERKEHR
Drei Expeditionen — eine amerikanische, eine englische und eine hol-
ländische — werden diesen Sommer, voneinander unabhängig, die
Gipfel des Berges Ararat absuchen, auf dem Flugzeuge das Wrack eines
stattlichen Dreimasters gesichtet haben wollen. Die türkische Regie-
rung, die sich das Anrecht auf etwaige Funde bereits gesichert hat,
erhofft sich von der Auffindung der Arche Noah einen Touristenstrora
aus aller Welt, — mit erheblichen Devisenzuschüssen . . .
Aus einem Prospekt des Turkish Press Department, Ankara, herausgegeben
im Frühjahr 1953:
Besuchen Sie die Arche Noah!
Schneefernerhaus Mt. Ararat (4000 m Höhe)
Das ganze Jahr über geöffnet!
Bahnverbindung Uesküdar—Ankara—Erzerum, oder per Dampfer Istambul—
Trapezunt, mit Eilzugsanschluß nach Erzerum. — Luxus-Autobuslinie von
Erzerum nach reizvoll gelegenem Grenzstädtcheu Bayazid — Dortselbst erst-
klassige Unterkunft und Verpflegung im
GRAND HOTEL NOAH
Herrlicher Ausblick auf Mt. Ararat und Kaukasuskette — Volle Pension von
Lt 16.- an — Laufendes kaltes und warmes Wasser — Tennis — Bar —
Idealer Höhenkurort in biblischer Umgebung — Modernster Komfort — Spiel-
kasino ■— Täglich drei Kapellen — Tanz
Aufenthalt berechtigt zum Besuch des Schneefernerhauses Mt. Ararat und
der Arche Noah ohne Nachzahlung — Elektrischer Aufzug — Drahtseilbahn
allmorgendlich Abfahrt 9 Uhr 15 — Rückfahrt 18 Uhr 30 — Besichtigung der
1949 durch Prof. S. Heilebaz wiederaufgefundenen, echten, einzigen Original-
arche Noah — Photographieren gestattet! Führungen in allen Sprachen!
Unter den Sehenswürdigkeiten sind hervorzuheben: Auf dem Oberdeck
Käfige und' Stallungen für sämtliche heute auf Erden lebende Tierarten —
Vorsintflutliche Ankerwinde — Eigenartige Steuervorrichtung — Geräte.
Zwischendeck: Unterkünfte für Kleintiere — Schubfächer für Insekten (Spezial-
abteilung Tausendfüßler) und Würmer — Kajüten der Familie Noah — Die
Gemächer Sems, Hams und Japhets. — Im Kielraum: Vorratslager (darinnen
u. a. Käse, der sich bis auf den heutigen Tag genießbar erhalten hat). — Auf
der Kommandobrücke: Überreste des historischen, von der Taube gebrachten
Ölzweiges. Auf dem Fußboden dortselbst: Etwas Taubendreck (versteinert).
Größte Seltenheit: Auf den Vordermast angenagelt, ein Stück Pappendeckel,
mit alt-uraramäischer Inschrift, vermutlich von Noahs eigener Hand: „Komme
gleich wieder! Wenn ich bis 7 Uhr nicht zurück bin, bitte nachkommen! Ge-
ässer fallen weiterhin rapid!"
Einleitung zu einer Aufklärungsbroschüre, herausgegeben vom kaiserl. per-
sischen Fremdenverkehrsverband, gedruckt im Verlag der Teheraner Tages-
zeitung „Iran-i-Nu", im Frühjahr 1955:
„Fallen Sie nicht auf den türkischen Schwindel herein! Die einzig wahre und
echte Arche Noah befindet sich auf der persischen Seite des Berges Ararat!
(Aufstieg von Maku aus; über Reiseroute Teheran—Täbriz—Choij siehe
Seite 32.) Neueste wissenschaftliche Forschungen haben ergeben, daß das
Fahrzeug, auf dem einige auserwählte Vertreter der Menschheit, sowie je
ein Paar aller heute lebenden Tiere die Sintflut überstanden, durchaus kein
Dreimaster war, sondern ein Schaufelraddampfer! Die Uberreste desselben
wurden 1950 von Professor Nureddin Ali Mirza in 3500 m Höhe auf kaiserl.
persischem Gebiet entdeckt und sind dem Besuch eines verehrl. Reisepubli-
kums jederzeit zugänglich. Mäßige Preise, in Verbindung mit Sondervergün-
stigungen auf allen Strecken der Kaiserl. Iran. Staatseisenbahn . . . etc. etc."
Südd. Merkur, 1. 4. 1958:
„. . in dem Anwesen Ecke Habsburger- und Hohenstaufanstraße, das 1944
durch Bombeneinwirkung total zerstört wurde. Bei der vorübergehenden Ver-
legung des Türkischen Konsulates München nach Berlin im Jahre 1926 war die
unscheinbare Schnapskiste, welche die Habseligkeiten eines kurz nach dem
ersten Weltkrieg zu Pasing verstorbenen Studenten Numan Farigh enthielt,
zweifellos vergessen worden. Der damalige Hausmeister, Herr Kastulus
Schwartenbrettl, der mit dem wertlosen Kram nichts anzufangen wußte, hatte
sie in eine Ecke des Kellers gestellt, wo sie, von Koks zugeschüttet, in völlige
Vergessenheit geriet.
Schon bei Beginn der Ausbaggerungsarbeiten im vorigen Monat waren den
Arbeitern zahlreiche arabische Handschriften aufgefallen, die in zunehmendem
Maße in den Kellerruinen herumflatterten. Als der Greifer der Maschine
schließlich die zerbrochene Kiste mit Büchern, verschimmelten Kleidern und
Hausschuhen zutage förderte, machte man sich an eine genauere Unter-
suchung der Fundstücke. Die versiegelte, einer niederbayrischen Schmalzler-
dose nicht unähnliche Büchse aus Zedernholz, welche in ein mit ur-ur-ara-
mäischen Schriftzeichen bedecktes Pergament eingewickelt war, enthält —
wie uns Prof. Dr. Aloys Findig vom Orientalischen Institut der Universität
Bamberg mitteilt — jenen Seufzer der Erleichterung, der Noah entfuhr, als
sich die Friedenstaube mit dem Ölzweig endlich auf der Arche niederließ. Die
Schrift stellt eine von sämtlichen Mitgliedern der Familie Noah unter-
zeichnete Urkunde dar, welche bezeugt, daß jener Seufzer sofort von Noah's
Sohn Japhet in besagter Holzdose aufgefangen wurde. Zu Nutz und Frommen
späterer Geschlechter wurde sie hierauf feierlich mit Pech versiegelt und an
einem sicheren Orte aufbewahrt. Wie die unschätzbare Religuie in den Besitz
des mittellosen türkischen Studenten gelangt war, ist noch nicht geklärt. Kein
aufrechter Bayer wird jedoch an ihrer Echtheit zweifeln, umsomehr als die
sensationelle Entdeckung geeignet ist, einen Fremdenstrom aus aller Welt
herbeizuziehen, dessen Devisen für unsere heißgeliebte Wirtschaft . . ."
Walter F. Kloeck
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Der Simpl
Titel
Titel/Objekt
"Vor einem Rohrkrepierer tät's mir wirklich grausen!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Bildunterschrift: "Vor einem Rohrkrepierer tät's mir wirklich grausen!"
Kommentar
Signatur: Torso
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 4.1949, Nr. 12, S. 134.
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg