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Sitzungs-Berichte der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin — 33.1908

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Sitzung vom 7. April 1908
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https://doi.org/10.11588/diglit.37528#0029
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April-Sitzung 1908.

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den seinigen gemacht. Lessings Vorträge fafsten auch
auf archäologischem Gebiet mit grofser Sicherheit
stets die praktische Seite der Frage ins Auge, die
zu beurteilen er durch seine technischen Studien in
hervorragendem Mafse befähigt war. Über die ver-
schiedenen Arten der Glasur im Altertum, über bild-
liche Webemuster und ihren Zusammenhang mit dem
sogenannten Wappenstil, das sind so ein paar charak-
teristische Themen, die er vor uns mit grofser An-
schaulichkeit behandelte. Seinen letzten Vortrag hielt
er im Januar 1898 über den Hildesheimer Silberfund.
Auch hier griff er die Frage als der Praktiker an,
der vor allem den Gebrauchszweck der Kunstgegen-
stände ins Auge fafst. Als Reisesilber eines vor-
nehmen Römers bezeichnete er den Hildesheimer
Schatz und wies an der fast bei allen Geschirrgruppen
festzustellenden Dreizahl nach, dafs dies Tafelgeschirr
für ein Triklinium berechnet war. Lessings Dar-
legungen sind in dem Protokoll der Sitzung ausführ-
lich aufgezeichnet. Eine Episode aber, die mir
lebendig im Gedächtnis geblieben ist, hat im Proto-
koll keine Stelle gefunden, obwohl sie mir der Auf-
bewahrung nicht unwert scheint. Lessing hatte eine
Nachbildung der Minervaschale aus seinem Museum
zur Stelle gebracht, um uns vor Augen zu führen,
welche Absicht den Künstler bestimmte, die Figur
der Minerva in der Weise sitzend zu bilden, dafs
Kopf und Oberkörper bo&ye erscheinen,
während der Unterkörper im Relief auf dem Schalen-
grunde aufsitzt. Nun gofs er unter dem Kronleuchter
stehend eine Flasche Rotwein in die Schale, setzte
sie an den Mund und zeigte, wie beim Neigen der
Schale zuerst der Kopf der Göttin aus der Wein-
oberdäche emportaucht und erst bei stärkerer Nei-
gung der übrige Körper. Als er die glänzende Schale
mit dem Rotwein an den Mund setzte, überzog der

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