XI
wenig. Die Hütten der Einwohner sind am rechten niedrigen Ufer des genannten Flüsschens gele-
gen; das linke Flussufer ist sehr steil. An diesem steilen Ufer, oberhalb des Dorfes, ungefähr 40
Faden vom Flussufer entfernt befand sich der Schatz. Eigentlich war es kein Schatz, sondern eine
reiche Begräbnisstätte mit einem Pferd und wertvollen Zugaben von goldenen, silbernen, tönernen
und Bronzegegenständen. Die Begräbnisstätte wurde durch Regenbäche blossgelegt, die von zwei
Seiten schmale Täler in dem Lehmboden des Abhangs gebildet hatten, rechts (mit dem Gesichte
zum Flüsschen) ein sehr tiefes, und links eines von unbedeutender Tiefe. Zwischen diesen zwei
Tälern befand sich die Grabstätte im Lehmboden, ohne irgend welche Steinkisten, die sonst im
Kaukasus so gebräuchlich sind. Die Bauern hatten die ganze Fläche zwischen den 2 Tälern um-
gegraben und gesäubert und die Erde in das steile, tiefe Tal geschüttet, so dass ein Teil der Erde
sich am Flussufer festsetzt, der vordere aber vom Wasser fortgespült wurde. Die Breite der umge-
grabenen Stelle zwischen den Tälern beträgt in ihrem oberen Teile nicht mehr als einen Faden,
weiter unten gegen 3 Faden; wie gross aber die von der Begräbnisstätte selbst eingenommene
Fläche war, ist jetzt auf keinerlei Weise festzustellen. Nach den Aussagen der Bauern befanden
sich alle Gegenstände im oberen Teile, der nicht mehr als 2 Arschin breit war. Die Tiefe der
Begräbnisstätte, von der heutigen Erdoberfläche gerechnet, konnte nicht mehr als 1 Arschin be-
tragen. Das Wasser musste die ursprüngliche Tiefe verringert haben, indem es beständig das steile
Ufer abspülte. An der Stelle der Ausgrabungen konnten wir nur Bruchstücke von einem Gefäss
aus weissem und rotem Ton örtlicher Produktion finden, auch Pferdeknochen und einige Glasper-
len. Ausserdem wurden bei den Bauern einige Kleinigkeiten von Geschmeiden gekauft. Irgend wel-
che Spuren von andern Begräbnissen in dem steilen Abhang des Tales waren nicht zu bemerken.
Wir nahmen keine Ausgrabungen vor. Nach unserer Rückkehr trafen wir in Achalgori A. N. Kas-
nakov an. Auch W. Msareulischwili war gekommen, der früher nicht in Achalgori gewesen war. Es
begannen die Verhandlungen über den Ankauf der Gegenstände; doch die Bauern mischten sich
darein, indem sie behaupteten, dass das Geld ihnen ausbezahlt werden müsse, dass Msareulischwili
sie betrogen habe, dass sie ihm vorläufig die Gegenstände nicht verkauft hätten usw. Wir konn-
ten nichts Bestimmtes bei ihnen erreichen und sagten endlich, sie mögen ihren Streit unter sich
austragen und nach Tiflis zu Verhandlungen kommen; bis dahin aber würden die Gegenstände
dem Kaukasischen Museum zur Aufbewahrung übergeben werden. Damit wurde die Angelegenheit
vorläufig abgeschlossen. Darauf fuhren wir mit A. N. Kasnakov geradewegs nach Duschethi, nah-
men die Gegenstände beim Kreischef in Empfang und kehrten nach Tiflis zurück. Nach einiger
Zeit brachte W. Msareulischwili Papiere mit, die bezeugten, dass er die Gegenstände den Bauern
abgekauft hat. Der Handel begann. Man wurde im Preise nicht einig. A. N. Kasnakov fuhr ins
Ausland und liess eine gewisse Summe zu meiner Verfügung zurück, für den Ankauf der erwähnten
Gegenstände. Nach viermonatigen langwierigen Unterhandlungen schloss ich den Handel mit
W. Msareulischwili ab. Endlich waren die Gegenstände für das Kaukasische Museum erworben.
„Der Sommer des folgenden Jahres 1909 brach an. Wieder liefen Gerüchte um, dass man in
Ssadseguri aufs neue goldene Gegenstände gefunden habe. Ich fuhr wieder in die Ksanischlucht.
Dieses Mal hatte ich eine Dienstreise vom Kaukasischen Museum und besuchte Ssadseguri. Es
erwies sich, dass die Geiüchte falsch waren. Man hatte nichts Neues gefunden. Die Ausgrabungs-
stätten hatten ihr früheres Aussehen, dafür aber gelang es, ausführliche Nachrichten über den vor-
jährigen Fund zu sammeln. Die Bauern gestanden, dass einige Einzelgegenstände an andere Perso-
nen in Achalgori verkauft worden waren; sie gaben auch an, bei welchen Bäuerinnen Kleinigkei-
ten aus dem vorjährigen Funde vorhanden sind. Ich besuchte alle Bauernhöfe, sammelte und kauf-
te alles, was sich bei Frauen, Kindern und Bauern vorfand. Auf die Aussage der Bauern hin war
ich darauf bei allen Händlern in Achalgori, sammelte alle Gegenstände und übergab sie W. Msa-
reulischwili mit dem Auftrag, sie nach Tiflis zu bringen. Zu se:ner Ehre muss ich sagen, dass er
diesmal mir sehr behilflich war. Er führte mich zu allen, bei denen sich Gegenstände vorfanden.
Sie vertrauten ihm ihre Gegenstände an, und er brachte sie zu mir nach Tiflis. Hier kauften wir,
ich und A. N. Kasnakov, auch diese zweite Partie für das Kaukasische Museum.
„Das Resultat dieser meiner zweiten Reise in die Ksanischlucht war der Erwerb von sehr
wertvollen Gegenständen; unter diesen verdienen Beachtung: ein grosser massiver goldener Hals-
wenig. Die Hütten der Einwohner sind am rechten niedrigen Ufer des genannten Flüsschens gele-
gen; das linke Flussufer ist sehr steil. An diesem steilen Ufer, oberhalb des Dorfes, ungefähr 40
Faden vom Flussufer entfernt befand sich der Schatz. Eigentlich war es kein Schatz, sondern eine
reiche Begräbnisstätte mit einem Pferd und wertvollen Zugaben von goldenen, silbernen, tönernen
und Bronzegegenständen. Die Begräbnisstätte wurde durch Regenbäche blossgelegt, die von zwei
Seiten schmale Täler in dem Lehmboden des Abhangs gebildet hatten, rechts (mit dem Gesichte
zum Flüsschen) ein sehr tiefes, und links eines von unbedeutender Tiefe. Zwischen diesen zwei
Tälern befand sich die Grabstätte im Lehmboden, ohne irgend welche Steinkisten, die sonst im
Kaukasus so gebräuchlich sind. Die Bauern hatten die ganze Fläche zwischen den 2 Tälern um-
gegraben und gesäubert und die Erde in das steile, tiefe Tal geschüttet, so dass ein Teil der Erde
sich am Flussufer festsetzt, der vordere aber vom Wasser fortgespült wurde. Die Breite der umge-
grabenen Stelle zwischen den Tälern beträgt in ihrem oberen Teile nicht mehr als einen Faden,
weiter unten gegen 3 Faden; wie gross aber die von der Begräbnisstätte selbst eingenommene
Fläche war, ist jetzt auf keinerlei Weise festzustellen. Nach den Aussagen der Bauern befanden
sich alle Gegenstände im oberen Teile, der nicht mehr als 2 Arschin breit war. Die Tiefe der
Begräbnisstätte, von der heutigen Erdoberfläche gerechnet, konnte nicht mehr als 1 Arschin be-
tragen. Das Wasser musste die ursprüngliche Tiefe verringert haben, indem es beständig das steile
Ufer abspülte. An der Stelle der Ausgrabungen konnten wir nur Bruchstücke von einem Gefäss
aus weissem und rotem Ton örtlicher Produktion finden, auch Pferdeknochen und einige Glasper-
len. Ausserdem wurden bei den Bauern einige Kleinigkeiten von Geschmeiden gekauft. Irgend wel-
che Spuren von andern Begräbnissen in dem steilen Abhang des Tales waren nicht zu bemerken.
Wir nahmen keine Ausgrabungen vor. Nach unserer Rückkehr trafen wir in Achalgori A. N. Kas-
nakov an. Auch W. Msareulischwili war gekommen, der früher nicht in Achalgori gewesen war. Es
begannen die Verhandlungen über den Ankauf der Gegenstände; doch die Bauern mischten sich
darein, indem sie behaupteten, dass das Geld ihnen ausbezahlt werden müsse, dass Msareulischwili
sie betrogen habe, dass sie ihm vorläufig die Gegenstände nicht verkauft hätten usw. Wir konn-
ten nichts Bestimmtes bei ihnen erreichen und sagten endlich, sie mögen ihren Streit unter sich
austragen und nach Tiflis zu Verhandlungen kommen; bis dahin aber würden die Gegenstände
dem Kaukasischen Museum zur Aufbewahrung übergeben werden. Damit wurde die Angelegenheit
vorläufig abgeschlossen. Darauf fuhren wir mit A. N. Kasnakov geradewegs nach Duschethi, nah-
men die Gegenstände beim Kreischef in Empfang und kehrten nach Tiflis zurück. Nach einiger
Zeit brachte W. Msareulischwili Papiere mit, die bezeugten, dass er die Gegenstände den Bauern
abgekauft hat. Der Handel begann. Man wurde im Preise nicht einig. A. N. Kasnakov fuhr ins
Ausland und liess eine gewisse Summe zu meiner Verfügung zurück, für den Ankauf der erwähnten
Gegenstände. Nach viermonatigen langwierigen Unterhandlungen schloss ich den Handel mit
W. Msareulischwili ab. Endlich waren die Gegenstände für das Kaukasische Museum erworben.
„Der Sommer des folgenden Jahres 1909 brach an. Wieder liefen Gerüchte um, dass man in
Ssadseguri aufs neue goldene Gegenstände gefunden habe. Ich fuhr wieder in die Ksanischlucht.
Dieses Mal hatte ich eine Dienstreise vom Kaukasischen Museum und besuchte Ssadseguri. Es
erwies sich, dass die Geiüchte falsch waren. Man hatte nichts Neues gefunden. Die Ausgrabungs-
stätten hatten ihr früheres Aussehen, dafür aber gelang es, ausführliche Nachrichten über den vor-
jährigen Fund zu sammeln. Die Bauern gestanden, dass einige Einzelgegenstände an andere Perso-
nen in Achalgori verkauft worden waren; sie gaben auch an, bei welchen Bäuerinnen Kleinigkei-
ten aus dem vorjährigen Funde vorhanden sind. Ich besuchte alle Bauernhöfe, sammelte und kauf-
te alles, was sich bei Frauen, Kindern und Bauern vorfand. Auf die Aussage der Bauern hin war
ich darauf bei allen Händlern in Achalgori, sammelte alle Gegenstände und übergab sie W. Msa-
reulischwili mit dem Auftrag, sie nach Tiflis zu bringen. Zu se:ner Ehre muss ich sagen, dass er
diesmal mir sehr behilflich war. Er führte mich zu allen, bei denen sich Gegenstände vorfanden.
Sie vertrauten ihm ihre Gegenstände an, und er brachte sie zu mir nach Tiflis. Hier kauften wir,
ich und A. N. Kasnakov, auch diese zweite Partie für das Kaukasische Museum.
„Das Resultat dieser meiner zweiten Reise in die Ksanischlucht war der Erwerb von sehr
wertvollen Gegenständen; unter diesen verdienen Beachtung: ein grosser massiver goldener Hals-