Am goldenen Steig.
Cnltnrbild ans dem bayerisch-böhmischen Waldgebirge von
Maximilian Schmidt.
- sAlle Rechte Vorbehalten.!
k.
Sausend und resch, gleich ihren Namen, eilen die beiden
dunklen, schwarzbraunen Gebirgswasser des Sauß- und des
NeschbacheS von dem Grenzkamme des Lusen über felsige
Bette, durch enge, tiefein-
geschnittene, vom dunklen
Hochwald umgebene Rinn-
sale und Schluchten oder
wechselnd durch üppige,
grüne Matten zu Thal, um
sich in der Nähe der alten
Feste Wolfstein, zunächst
des Marktes Freyung, zur
Ohe oder Wolfsteiner Jlz
zu vereinigen. Hohe und
groteske Felsenwände, auf
denen riesiege Buchen und
Fichten zumHimmel starren,
und aus deren Ritzen üppige
Schlinggewächse hervor-
wuchern, hüllen diesen Ver-
einigungsplatz der beiden
ungestüm daher fluchenden
Waldgesellen in feierliches
Dunkel. Als ob Allnmtter
Natur daraus bedacht ge-
wesen wäre, die Verbindung
beider gänz besonders zu
verherrlichen, ° gestaltet siL
ihr weiterer Lauf zu einem
wahren Naturwunder. Es
ist die „Bnchbergerleiten,"
die ihresgleichen nicht hat
im ganzen Böhmerwalde
Längs des schäumen
den, tosend über Stemblöckc
stürzenden oder sich gewalt-
I sam hindurch zwängenden Wassers, aus und zwischen pitto-
' resken Felsen zieht ein schmaler Pfad hin. Schroffe, mit
dunklem Gehölz bewachsene Berge verengen oftmals das
Thal, sodaß neben dem rasenden Waldbache der Weg nur
spärlich Platz findet.
Aber nicht klammartig, nur von kahlen, starren Felsen
gebildet ist dieser Engpaß, sondern überall grünt es auf den,
von frischem Moosteppich überzogenen Gestein; Stauden und
mit grauem Moose be-
hangene Bäume wachsen
aus den Felsenspalten,Ritzen
und Vorsprüngen und bil-
den, nicht dicht genug, um
den Eintritt der Sonnen-
strahlen zu verhindern, ein
grünes Dach, in welchem
mit Vorliebe die gefiederten
Sänger Aufenthalt nehmen,
um ihre Stimmen zu ver-
binden mit dem oft heil
tönenden Tosen nnd Singen
des Sturzbaches. »
Die zwei Personen,
welche den schmalen Felsen-
pfad dahinschritten, schenk-
ten gerade diesem Singen
ihre besondere Aufmerksam-
keit. Es waren Vater und
Sohn, letzterer kaum der
Werktagsschule entwachsen,
ersterer ein Mann im An-
fang der Sechziger. Die
in ledernen Umhüllungen
über der Schulter hängen-
den Geigen ließen sie als
Musikanten und die abge-
tragenen , « blauzwilchenen
Janker und Hosen sowie
die verbrauchten Strohhüte
als arme Leute erkennen.
Diese Armuth» schien sie
Lingang zum kugloch bei Graz.