Zonntags
Kratis-Weitage
zum
Neuen
Gkiirral-Amei-kr für Heidelberg mid Mseßend.
Ur. 36
Sonntag den 2. Septemöer
1894.
Am goldenen Steig.
Culturbild aus dem bgyerisch-böhmischen Waldgebirge von
Maximilian Schmidt.
18. Fortsetzung.) - sAlle Rechte Vorbehalten.)
Es war Mittagszeit. Er mar mit sich uneins, ob er
einkehren und ein Mittagessen zu sich nehmen, oder ob er
ohne Aufenthalt den Weg nach den etwa eine Stunde ent-
fernten Sandhäusern verfolgen sollte.
Vor allem ging er zum Ortsvorsteher, um sich zu
melden. Er traf diesen vor dem Hause stehend und fand
in ihm einen alten
Jugendfreund, der
ihn herzlich bewill-
kommnete, sobald er
ihn erkannt hatte.
Er fragte nicht lange
wie und wo, sondern
führte ihn in die
Stube und lud ihn
ein, sich beim Mittag-
wahle zu betheiligeu.
Die Familie des
Wackern Vorstehers
war sehr zahlreich,
auf den Gesichtern
aller spiegelten sich
aber Freude und Zu-
friedenheit. Und hier
wieder, wie in des
HäuslersHaus,fühlte
er so recht, wie schön es sei, ehrlich zu sein und ein gutes
Gewissen zu haben.
Der Vorsteher wußte um die Erbschaft und daß es
also um die Existenz des Wiedergekehrten nicht so schlimm
bestellt sei. Und auch er lud ihn ein, bei ihm Quartier zu
nehmen, bis er über seine ferneren Maßnahmen im klaren sei.
Die Ausnahme, die Bartl in der Heimath allenthalben
gefunden, hätte keine bessere sein können, und er konnte des-
halb nicht umhin, zu erwiedern:
..Toni, dei' Freundschaft thnt mir so viel wohl, daß
i's nöd sag'n kann, denn l hab erwart, daß D' mi verachtst,
weil i als arm z'rückkim; derweil thuast mir Ehr und Liab
an und schaamst Di nöd, Tisch und Herd mit mir z' theilen."
„Schaama?" erwiederte der wackere Mann. „Laß Di
auslacha! Bei oan Haar is's gstanden, war' i aa um all'
mei' Sach kömma, und wenn i nacha grad zur Mittagsuppen
zu Dir kömma waar, no' so hätt'st mir halt aa r an' Lössel
in d' Hand druckt und hätt'st g'sagt: „Iß mit", 's Gspiel
im Leben is a gspaßigs Ding, grad wie 's Kartenspiel.
Der oa' g'winnt, der ander verliert, wie halt d' Karten stehnga.
Aus Liebhaberei wird koana a Bedlmo'. Ost haßt's halt
oan, und wenn er no' so brav is. Nur schlechte Seelen
sans, die da an' Stoa'
nach eam werfen und
si' stolz brauch«, daß
's oben blieben san,
und nöd bedenken,
daß uns über kurz
oder lang alle d'
Würmer fressen, ob
arm, ob reich —
allezam. Jetzt aber
lassen wir uns no'
die Nudeln schmecken
und an' guaten Trunk
dazua von unserm
Bräu. Sollst leb'n,
alter Spezi!"
Bartl wußte nicht,
wie ihm geschah, und
aus vollem Herzen
ries er :„ Sollst lebn!"
Dann fuhr er fort: „O mei' schöne Hoamat! Wie hab i
di' verlass'n könna, di und meine guaten Landsleut!"
Der Vorsteher erzählte ihm dann dies und jenes, was
sich in den Jahren seiner Abwesenheit ereignet hatte, und so
erfuhr Bartl auch, daß des Vorstehers älteste Tochter, die
heute in Geschäften zufällig abwesend war, die treueste Jugend-
freundin Moni's sei und daß letztere jedesmal in seinem
Hause zuspreche, so oft sie nach Grainet komme.
Moni wurde ihm als ein herzensgutes Mädchen ge-
schildert, das ihrem Vater das Legat der Mutter gewiß gern
gönnen werde.
Neue ehemals bischöfliche Residenz in Bamberg.