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Sonntags-Blatt: Gratisbeilage zum General-Anzeiger für Heidelberg und Umgegend — 1894

DOI issue:
Nr. 45 - Nr. 48 (4. November - 25. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44557#0150
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Anstrich geben nwchte, nun aber mit seinen beinahe kahlen
Bäumen und den verwahrlosten Bauten das Bild noch
melancholischer gestaltete.
Ein alter Diener mit kahlem Haupt empfing den
heimkehrenden Herrn und nahm ihm die Büchse ab; der
Graf trat in ein großes niedriges Zimmer, in dem er die
Mittagstafel schon gedeckt fand.
Sabine, eine schlanke, anmuthige Brünette, saß vor
dem Stickrahmen am Fenster, Comtesse Natalie, die Schwester
des Grafen, eine ebenfalls schon ergraute Dame, war , mit
der Pflege einiger Pflanzen beschäftigt, die kümmerlich vege-
tirend auf dem Blumentisch standen.
Graf Waldringen wanderte, nachdem er die Damen
begrüßt hatte, einigemal auf und nieder; dann blieb er neben
seiner Schwester stehen, um ihrer Arbeit zuzuschauen.
„Das ist Alles nur vergebliche Mühe, Natalie," sagte
er ironisch, „den Pflanzen geht's wie den Menschen, sie
müssen frei sein, wenn sie gedeihen sollen!"
„Die Freiheit allein thut s auch nicht," erwiderte die
alte Dame, „die Pflanzen wie die Menschen bedürfen der
Pflege. Baron Egon von Eichenfels soll ja zurückgekehrt sein?"
„Wer sagte es Euch?"
„Heinrich erfuhr es im Dorfe; der Baron wohnt in
der Herberge, die Leute zerbrechen sich schon den Kopf da-
rüber, wie es nun werden wird."
„Na, dabei wird auch nichts Gescheidtes heraus-
kommen," spottete der Graf, ohne den Blick Sabinens zu
bemerken, der voll ungeduldiger Erwartung auf ihm ruhte.
„Die dummen Bauern sollen sich um ihre eigenen Angelegen-
heiten kümmern, wenn sie überhaupt denken wollen. Was
soll denn weiter werden? Baron Egon ist enterbt, das
Testament kann er nicht umstoßen, und da er den Vergleich
zurückgewiesen hat, den Werner großmüthig ihm anbot, so
wird er sich wohl in das Unabänderliche fügen müssen."
„Du hast ihn gesehen?" fragte seine Schwester.
„Wen? Egon? Nein! Aber Werner begegnete mir,
er wird heute Nachmittag kommen. Er ist sehr ruhig, sein
Vetter hat mit einem Prozeß gedroht; eine unangenehme
Sache ist das immerhin, aber verlieren kann Werner den
Prozeß nicht."
Der Diener brachte die Suppe und entfernte sich wieder;
es war nicht Sitte im Hause des Grafen Waldringen, daß
das Dienstpersonal bei Tisch aufwartete, die mißlichen Ver-
hältnisse brachten es mit sich, daß dabei manches zur
Sprache kam, was die Diener nicht hören sollten.
„So wäre Baron Egon nun arm und heimattos?"
fragte Sabine in herzlich bedauerndem Tone.
„Freilich, aber er selbst trägt die Schuld daran," er-
widerte ihr Vater. „Werner kann kein Vorwurf treffen.
Egon wäre unter allen Umstünden enterbt worden; es führt
keine Brücke mehr über die Kluft, die er selbst zwischen sich
und den Vater gelegt hatte, da war denn Werner der nächste
Erbe. Zwar behauptet Baron Egon, der Bries, in dem da-
mals seine Fahnenflucht berichtet wurde, sei eine Fälschung,
aber die Wahrheit dieser Behauptung müßte denn doch über-
zeugend bewiesen werden, ehe man daran glauben kann."
„Und wenn sie bewiesen würde?" fragte Comtesse
Natalie. „Müßte dann nicht aus Werner ein schlimmer
Verdacht fallen?"
Gras, Waldringen schüttelte das graue Haupt, ein
zürnender Blick traf aus seinen blitzenden Augen die Schwester.
„Wie kannst Du nur diese Vermuthung aussprechen?"
sagte er vorwurfsvoll.
„Liegt sie nicht nahe?"
„Durchaus nicht!"
„Ich meine das doch, zum Bruch war es zwischen
Vater und Sohn noch nicht gekommen; ich glaube auch
heute noch, die Versöhnung würde leicht gewesen sein, wenn
nicht Baron Werner sich zwischen die Beiden gedrängt hätte —"
„Er hat im Gegentheil das Seinige redlich gethan,
um die Versöhnung zu ermögliche«!"
„Das glaube ich nicht!"




„Weil Du überhaupt keine freundlichen Gesinnung^
gegen Werner hegst, Natalie!" sagte der Graf unwiM'
während er den Hasen zerlegte, den Heinrich kurz voE
gebracht hatte. „Ich weiß nicht, was Du gegen ihn M!
ich kann Dir aber die Versicherung geben, daß Baron Wer^
ein Ehrenmann ist. Wenn ich daran zweifeln müßte, wed
der Verdacht auf ihn fallen könnte, den Du vorhin mE
sprachen hast, dann würde er mein Schwiegersohn nw
werden." (Fortsetzung folgt')

Ueber Brandwunden.
- (Nachdruck Verbote"'
Zu den häufigsten Verletzungen, welche wir in Küche und Htttt
inr Gewerbe und bei unseren gewohnten Hausarbeiten erleiden,
hört unstreitig die Verbrennnng, sie gehört aber auch zu denjenf^,
Gefahren, welche so oft durch Unverstand und Eigensinn Hervey
rufen, leicht vermieden werden könnten. Denken wir nur daran,
oft uns Berichte in die Hände kommen, über den qualvollen
eines Dienstmädchen, das zu seiner Erleichterung mit Pet^
Feuer anzufachen oder eine Spiritusflammc durch Ausblasen
zulöschen versuchte. Von den kteineren und weniger gcfähP
Verbrennungen dringt natürlich nichts in's Publikum, und nm
Arzt weiß, wie häufig sie durch die Beschäftigung und durch
möglichen Verrichtungen des täglichen Lebens zu stände ko'M^
Die Zigarre, Zündhölzchen, und Siegellack geben im gcwöhim
Leben oft die Ursache ab für leichte Brandwunden, währem
allerschwersten durch heiße Dämpfe, kochendes Wasser, heiße
Spiritus oder Petroleum hervorgerufen werden. In den Füd'.st»
sind es flüssige Metalle, Glas oder Fett, in den Kohlenbcrg>m„i
schlagende Wetter, welche durch Verbrennung Lebensgefahr m es
führen. Bei allen aber hängen die Folgen, welche für nm^t
Körper und unsere Fortexistenz entstehen lediglich von der Dam
Einwirkung und der Ausdehnung der Brandwunden ab. .
Wir sind es gewöhnt, zum Zweck einer rascheren Verständig
die Arten der Verbrennung in 3 Grade zu theilen, wobei aber
zu vergessen ist, daß alle drei Grade bet einem und demselben
dividuum gleichzeitig bestehen können. Der erste Grad, der lcm^
und für die Behandlung, wenn er nicht zu ausgedehnt ist, der
barste, ist durch Röthung und Schwellung der Haut sowie g
große Schmerzhaftigkeit charakterisirt. Diese Erscheinungen flg
in wenigen Stunden oder Tagen beendet, während der 2. Grmg
dem ich jetzt sprechen will, schon länger anzudauern Pflegt. lLr g
nämlich neben der obenerwähnten Röthung und Schwellung de"
noch Blasenbildung an der Oberfläche der Haut. Diese -
entstehen unmittelbar nach der Verbrennung, ihre Größe m g
verschiedene, sie können ganz klein und ganz groß sein und efl^g
alle eine klare oder leicht gelbliche Flüssigkeit, welche, wenn
durch Oeffnen entleert wird, zu geblichenen Brocken eintrocknet,
denen sich die neue Haut bildet.
Der 3. Grad stellt den Tod der Gewebe dar, dessen Ausms
natürlich eine ganz verschiedene sein kann, was wiederum Igif
Ausgang nicht gleichgiltig ist. Tenn es ist von anderer Bede'^üs
ob nur die Oberfläche einer kleinen Hautparthie verkohlt ist,,
ganzes Glied eine Extremität u. s. w. Jedenfalls ist diesi! tf
immer der am meisten gefahrbringende, da sich an den EleaH.^
Gewebe auch Eiterung anschließt und schließjich alles abgefl^ ;
abgestoßen wird. Jeder Grad der Verbrennung kann für
fährlich sein, es kommt eben darauf an, wie viel von der
oberflttche von der Verbrennung betroffen worden ist. Es ist !
daß, wenn etwa der Körperoberflüche auch nur im ersten
verbannt sind, — bei Kindern genügt schon '/g — der Tod §
schnell eintritt, ein Faktum, welches von den Physiologen b:sm ^ d §
völlig aufgeklärt ist. Fast alle gehen an der Schädigung, j
Gesammtorganismus durch die Verbrennung erleidet, zu , s
die wenigsten an den Wunden selbst. !
Es ist selbstverständlich, daß bei jeder größeren Verbff s
ärztliche Hülse schnell zu Rathe gezogen werden muß. Diemitz
Mittel, welche gegen Brandwunden empfohlen worden sind N"^/ z
heute täglich angepriesen werden, ist eine ungeheuer große, es ?,
aber weniger auf die Wahl des Mittels, als auf die rickivl!^
wcndnngsmethode an. Vor allen Dingen peinlichste Reim Bs
Man bedenke, wie leicht durch Verunreinigung der Wunde.eim
Vergiftung entstehen kann und ist es daher dringend rathsa"^,;f
man die Brandwunde mit allem möglichen bedeckt, dieselbe fff
mit 2"/o Carbolwasser oder einer lauwarmen 3°/, Borsüurelol
säubern. Handelt es sich nur um gcrölhctc und geschwollene f
parthien, so genügt das Bestreuen derselben mit Zinkpude^f
doppelt kohlensaurem Natron. Haben sich dagegen Blasen
so ist es nothwendig, den Inhalt derselben mit einer vorher ^'
glühten Nadel zu entleeren^ ohne aber die Blasenhaut zu ;
deren Vorhandensein zum Schutz der Wunde dringend erfn.^s x
ist. Dann wird nochmals gründlich gereinigt und erst jetzt s
einen Verband, bestehend aus Salicylwntte, welche mit BoA^f
bestrichen, oder mit Kalkwasser und Carbolöl zu gleichen Dies tzs l
mischt, getränkt ist, darüber legen, und das Ganze mit einen s
Mullbinde^-befestigen. I)r. s
 
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