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Sponsel, Jean Louis; Grünes Gewölbe <Dresden> [Hrsg.]
Das Grüne Gewölbe zu Dresden: eine Auswahl von Meisterwerken der Goldschmiedekunst ; in vier Bänden (Band 1): Geräte und Gefässe: in Silber- und Goldfassung, aus Holz und Stein, Perlmutter und Muscheln, Ton und Glas, Bergkristall und Halbedelsteinen, Strausseneiern und Kokosnüssen ; mit 70 Lichtdrucktafeln, davon 7 farbig — Leipzig, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.37403#0035
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schulten und in seiner Zeit befangenen Sinn verschlossen bleiben. Ja wir be-
merken, daß sehr viele Gegenstände des Grünen Gewölbes aus Natur er Zeug-
nissen gearbeitet sind, die zu allen Zeiten schon durch ihre stoffliche Be-
schaffenheit das Wohlgefallen der Menschheit hervorgerufen haben, das schon
in dem naiven Sinn der ältesten Zeiten der Menschheit im Sammeln und in
der Auswahl und im noch rohen Verarbeiten zum Ausdruck kam und das mit
der zunehmenden handwerklichen Geschicklichkeit immer mehr die in den
Stoffen ruhenden Schönheit s werte aus diesen ans Licht zu ziehen wußte,
sie ästhetisch wirksam machte, so daß sie schon in allen vergangenen Kul-
turen zur Veredlung des menschlichen Daseins gedient haben. So die Mase-
rung und der matte Glanz des verschiedenfarbigen Holzes, der zarte gelb-
liche Schimmer des Elfenbeins, das schimmernde Korn des Steins oder
seine in verschiedenen Farben gemusterte Struktur, seine Lichtempfäng-
lichkeit und die glänzende Oberfläche der Halbedelsteine, das wechselnde
Leben des Lichtes in dem Perlmutterglanz der Muschel und in dem
warmbraunen bis goldgelben bald durchsichtigen bald nur durchscheinenden
oder milchig undurchsichtigen Bernstein, das Blitzen und Leuchten, der
strahlende Glanz der verschiedenfarbigen Edelsteine, der wasserhelle Berg-
kristall, alle diese Stoffe sind verarbeitet zu Ziergegenständen und zumeist
verbunden mit dem Glanz und Schimmer der Met alle. Diese und noch manche
andere Erzeugnisse der Natur boten schon unverarbeitet in ihrer sinnlichen
Erscheinung dem Auge ein köstliches Schauspiel und besaßen und besitzen
eine ästhetische Werteigenschaft, die ganz unabhängig war und ist von
ihrer praktischen Verwendbarkeit. Dazu kommt nun aber noch die ver-
schiedenartige Bedingung ihrer Bearbeitung, auch diese kann für den
Kenner zum Objekt ihrer ästhetischen Betrachtung und Bewertung werden,
jedenfalls geht deren Kenntnis der ästhetischen Bewertung voran oder folgt
ihr und begleitet sie, ja vertieft sie.
Wenn wir uns nun vergegenwärtigen, daß alle oder fast alle an den Gegen-
ständen des Grünen Gewölbes verarbeiteten Naturstoffe und noch andere
erst durch Umwandlung von den Menschen erzeugten Stoffe wie Ton,
Glas und Email, sowie die Bronze schon in den höchstentwickelten Kul-
turen der Menschheit in gleicher oder ähnlicher Weise nicht bloß oder über-
haupt nicht zu Gebrauchsgegenständen, sondern zu reinen Luxuser-
zeugnissen verwendet worden sind, dann müssen wir zugestehen, daß die

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