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Sponsel, Jean Louis; Grünes Gewölbe <Dresden> [Hrsg.]
Das Grüne Gewölbe zu Dresden: eine Auswahl von Meisterwerken der Goldschmiedekunst ; in vier Bänden (Band 1): Geräte und Gefässe: in Silber- und Goldfassung, aus Holz und Stein, Perlmutter und Muscheln, Ton und Glas, Bergkristall und Halbedelsteinen, Strausseneiern und Kokosnüssen ; mit 70 Lichtdrucktafeln, davon 7 farbig — Leipzig, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.37403#0034
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DER INHALT DES GRÜNEN GEWÖLBES
ÜBERSICHT ÜBER DEN i. BAND DES TAFELWERKES

Wie uns die Geschichte des Grünen Gewölbes lehrt, sind sehr viele seiner
Sammlungsstücke aus der ehemaligen Kurfürstlichen Kunstkammer in dieses
überführt worden und so ist es begreiflich, daß darunter auch Gegenstände
sich befinden, die nicht lediglich ihres formalen Kunstwertes halber aufbe-
wahrt wurden, bei denen vielmehr die Seltenheit eines Naturerzeugnisses, die
ihm zugeschriebenen geheimen Kräfte, oder die Schwierigkeit und die hand-
werkliche Künstlichkeit seiner Bearbeitung, oder auch die merkwürdige For-
mengebung einen besonderen Anreiz ausübte. Aber diese Gegenstände sind
doch nicht in so großer Anzahl erhalten geblieben, daß dadurch der Charakter
der Sammlung wesentlich bestimmt würde, es überwiegen doch die Werke,
deren Form und Verzierung aus rein künstlerischem Wohlgefallen entstanden
sind, die in der Hauptsache als Erzeugnisse des Luxus keinen eigentlichen Ge-
brauchszweck haben, wie ja auch in unserer Zeit aus dem gleichen Bedürfnis
heraus unendlich viele solcher Ziergegenstände hergestellt werden. Wer an
diesen Gegenständen einer dem Modegeschmack unserer Zeit dienenden
Massenfabrikation Gefallen findet und nur sie kennt oder deren Form zum
Maßstab der Beurteüung der Werke der Vergangenheit anwendet oder gar nur
die Schönheit der Zweckmäßigkeit gelten lassen will, der wird zunächst gar
manchen Werken des Grünen Gewölbes fremd gegenüber stehen und die in
ihnen enthaltenen Werte nicht zu genießen verstehen. Im Gegensatz zu den
allermeisten Erzeugnissen des sogenannten Kunstgewerbes unserer Zeit sind
die Gegenstände des Grünen Gewölbes zumeist in ihrer Form und Verzierung
nur einmalig entstanden, wenn auch für manche Gruppen gewisse Typen
sich gebildet haben, sie sind Erzeugnisse eines hochentwickelten Handwerks
und darum haben nicht wenige Zierstücke der Sammlung in ihrem Aufbau
und in dessen Gliederung eine hohe Gesetzmäßigkeit, die sich manchmal
durch jahrhundertelange handwerkliche Übung zu einer Vollendung ent-
wickelt hat, die jene Werke zu mustergültigen Erzeugnissen ihrer Art für alle
Zeiten hat werden lassen. Andere Stücke stehen in ihrer Form oder in der Ver-
wendung und Bearbeitung ihrer Stoffe dem heutigen Zeitgeschmack wohl
ferner, deshalb aber haben sie niemals aufgehört, dem tiefer Eindringenden
auch Schönheitswerte zu enthüllen, die dem unempfänglichen oder unge-

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