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Sponsel, Jean Louis; Haenel, Erich [Hrsg.]; Grünes Gewölbe <Dresden> [Hrsg.]
Das Grüne Gewölbe zu Dresden: eine Auswahl von Meisterwerken der Goldschmiedekunst ; in vier Bänden (Band 4): Gefässe und Bildwerke: aus Elfenbein, Horn und anderen Werkstoffen ; Stein, Holz, Bronze, Eisen ; mit 64 Lichtdrucktafeln, davon 3 farbig — Leipzig, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.37406#0041
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der jüngste der Dargestellten, damals kaum acht Jahre alt, hatte noch keine
kriegerischen oder politischen Heldentaten aufzuweisen. So bäumt sich sein
Pony nicht über einen besiegten Feind, sondern vor der knieenden Hispania,
die dem Knaben Krone und Szepter auf einem Kissen darbietet. Heldischer
Kampf gegen die Mächte der Unterwelt, ob sie nun von Osten drohten oder
sich im eigenen Lande gegen die gottgewollte Herrschaft erhoben — diese Idee
liegt auch den meisten Reiterdarstellungen des 17. Jahrhunderts zu Grunde.
Wobei die körperliche Erscheinung der Gegner, soweit sie nicht von den Hufen
des Pferdes zerschmettert, vom Helden durch die blanke Waffe vernichtet wird,
oft noch am Sockel, aus Fesseln sich auf bäumend, ihr unheilvolles Wesen treibt.
Der Heilige Georg als Drachentöter ist der Stammvater aller christlichen Für-
sten, die hoch zu Roß gegen den Drachen der Auflehnung streiten. Und das mit
besonderem Nachdruck, wo der Befreier der schönen Prinzessin, den die Antike
und die Mythologie der Renaissance als Perseus, den Beschützer der Andro-
meda, erlebte, zugleich der Schutzherr von Land und Volk war. Als der Schlesier
Gottfried Leygebe, im Schnitte eiserner Degengefäße, Beschläge, Zieraten
wohl geübt, sich daran wagte, eine ganze Freifigur aus dem geschmiedeten Block
zu schneiden, saß in England Karl II. auf dem Throne der Stuarts. Die Revolution
lag am Boden: am 29. Mai 1660 war der legitime Herrscher wieder in seine Haupt-
stadt eingezogen. Das Hauptwerk des Nürnberger Meisters, das einzige, dem
der Chronist Sandrart die Ehre einer ausführlichen Beschreibung gönnt, wurde
so zu einer Huldigung für den rechtmäßigen Herrn der britischen Insel. Die
Subtilität der Arbeit „daß einer, der des Pferdes Haut und Haare anrührte, nichts
rauhes, sondern nur lauter Lindheitgespühret, und konte man die Adern wol ausnehmen,
auch Sattel undZeugnicht, noch des Pferdes Stellungverbessern(C, ist bewundernswerter
als der Aufbau der Gruppe. Ohne sichtbare Erregung erhebt der Held, trotz
seiner dreißig Jahre ein müder Mann mit ältlichen Zügen, sein breites Krumm-
schwert gegen das siebenköpfige Untier. Zu dem Harnische des römischen Feld-
herrn will die ungefüge Waffe wenig passen. Der Naturalismus der Durchbildung
verzichtet aber nicht auf die höhere Sinngebung der Symbolik. So prangen am
Brustriemen wie am Gebiß des Pferdes die Lüien Frankreichs, des Landes, wo
der Knabe erzogen worden war und das den Vertriebenen zuerst freundlich auf-
genommen hatte. Deutlicher aber wird die Sprache, wo es sich um den Lord-
Protektor, den Führer der Revolution handelt. Der Kopf Cromwells, als Unrat

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